Full text: Das Staatsrecht des Herzogtums Sachsen-Meiningen.

8 12. 
„Abgeordnete' und „Landtag“. 
Die Abgeordneten werden auf 6 Jahre gewählt (Wahl= oder Legis- 
laturperiode). Bei ihrem Eintritt in den Landtag haben sie folgenden 
Eid zu leisten: „Ich gelobe Treue dem Landesherrn, gewissenhafte 
Beobachtung der Verfassung und der bestehenden Gesetze, redlichen und 
uneigennützigen Eifer für das Gesamtwohl des Herzogtums“. 
Sie sind Vertreter ihrer sämtlichen Mitbürger und haben sich 
nur von der Rücksicht auf das Gemeinwohl leiten zu lassen. Die 
besonderen Wünsche ihres Bezirks oder einzelner ihrer Wähler dürfen 
sie im Landtag vorbringen (Art. 19—22 G. v. 24. April 1873). 
Sie können wegen ihrer Aeußerungen im Landtag nicht zur gericht- 
lichen 1) 2) Rechenschaft gezogen werden (Redefreiheit), doch liegt dem 
Landtage ob, unanständige und verfassungswidrige Ausdrücke und 
Erklärungen zu verhüten und zu rügen. Der Präsident kann und 
muß jeden ohne Erlaubnis redenden, andere unterbrechenden, von 
der Sache abschweifenden und Unanständigkeiten sich erlaubenden 
Abgeordneten zur Sache und Ordnung weisen; ebenso der Landtag 
selbst, wenn ernstere Rüge geboten ist. Dieser kann einen Abgeordneten 
durch eine Mehrbeit von drei Vierteilen der Anwesenden sogar gänzlich 
ausschließen. Gegen die Rüge des Präsidenten ist schriftlicher Ein- 
spruch zulässig, über den der Landtag in der nächsten Sitzung ohne 
Diskussion entscheidet (Art. 99 G.G.; § 21 G. v. 23. April 1868). 
Die Justiz gegen die Abgeordneten ist nicht gehemmt, nur sollen 
sie während ihrer Anwesenheit am Landtage nicht zum persönlichen 
Erscheinen in bürgerlichen Rechtssachen und in Polizeisachen vorgeladen 
und in diesen nicht mit Verhaft belegt werden (Art. 100 G.G.) 5. 
Jedes anwesende Mitglied muß den Sitzungen beiwohnen, Ver- 
binderung aber mit Angabe der Ursache dem Präsidenten vor der 
Sitzung anzeigen, bei Kommissionssitzungen dem Vorsitzenden. Bis 
8 Tage erteilt der Präsident, sonst der Landtag, aber nie auf un- 
bestimmte Zeit, Urlaub. Bei Erledigung einer Mitgliedsstelle macht 
der Präsident dem Staatsministerium zwecks Neuwahl Anzeige (§ 37 
bis 39 G. v. 23. April 1868). 
Die Abgeordneten erhalten 9 Mark Tagegelder, die in Meiningen 
1) Und zwar kriminellen wie disziplinargerichtlichen. Meyer, a. a. O. 
S. 275. 
2) Vgl. auch die Reichsgesetze.
	        
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