Full text: Das Staatsrecht des Herzogtums Sachsen-Meiningen.

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ihrer Fabrik oder gewerblichen Anlagen dienende bewohnte Ge- 
baäude haben, wenn diese Personen mehr als 15 M. per Jahr zu 
den Gemeindeabgaben beitragen, müssen sich aber durch ihre gesetzlichen 
Vertreter bezw. durch bevollmächtigte Bürger vertreten lassen. 
3. Die Gemeindebehörden. 
a. Gemeindevorstand, Stellvertreter und Rechnungsführer. 
Der Gemeindevorstand ist die Obrigkeit und leitet die gesamte 
Verwaltung. Er ist Vorgesetzter aller Gemeindebeamten und be- 
diensteten, er sorgt für das Gemeindevermögen und überwacht den 
Gemeindehaushalt. Er bereitet die Beschlüsse des Gemeinderats vor 
und führt sie aus, hat sie jedoch zu beanstanden, wenn er sie für 
ungesetzlich hält, welchenfalls auf Antrag im Verwaltungsstreitver- 
fabren hierüber zu entscheiden ist. Er vertritt die Gemeinde nach 
außen, seinen amtlichen Erklärungen kommt öffentlicher Glaube zu. 
Urkunden über Rechtsgeschäfte, welche der Zustimmung des Gemeinde- 
rats bedürfen, müssen von ihm und vom Gemeinderat unter Unterschrift 
eines vom Gemeinderat hierzu bestellten Mitglieds vollzogen werden. 
Er übt die Ortspolizei aus und hat die Pflicht der Bestrafung von Zu- 
widerhandlungen gegen polizeiliche Vorschriften und der Mitwirkung bei 
Verfolgung anderer strafbarer Handlungen. Erist, ebenso wie dies onstigen 
Polizeibeamten, Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft (MB. v. 1. Sept. 
1879). Der Gemeindevorstand kann Zwangsstrafen, in Gemeinden mit 
höchstens 1000 Einwohnern bis 15 M., in Meiningen, Hildburghausen, 
Saalfeld, Sonneberg, Pößneck, Salzungen und Eisfeld bis 60 M., in den 
übrigen bis 30 M., ferner als Ordnungsstrafen Verweis oder Geld- 
strafen bis zu 15 M. in Gemeinden bis zu 1000 Einwohnern, sonst 
Verweis, Geldstrafen bis zu 30 M. und Haft bis zu 3 Tagen #½), 
aussprechen und vollziehen. Die Umwandlung in Haft erfolgt in 
den Städten durch den Gemeindevorstand, sonst durch den Landrat. 
Höhere Strafen sind bei der Aufsichtsbehörde zu beantragen. Versäumte 
Leistungen kann er durch Dritte auf Kosten des Säumigen bewirken 
lassen. In Fällen gemeiner Gefahr kann er die Einwohner und An- 
wesenden zur Hilfe aufbieten und sonstige Anordnungen treffen. Die 
Ortsvorstände haben über ihnen angezeigte ansteckende Krankheiten 
oder verdächtige Todesfälle den Landräten Anzeige zu erstatten (Art. 7 
VO. v. 9. Nov. 1836). Ihnen liegt zunächst die Schätzung des 
Wildschadens ob (G. v. 1. Juni 1848 Art. 12 fg.). 
1) Die kriminelle Strafberechtigung der Gemeindevorstände siehe in § 2 fg. 
G. v. 17. Juni 1879; 1. Juli 1885 Art. 7 fg. und unten. 
  
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