Verfassungsurkunde. § 74—75. 131
ihrer Hinterbliebenen vollständig gleichgestellt; in ähnlicher
Weise ist auch für die Volksschullehrer und für die Lehrer an den
höheren Mädchenschulen gesorgt; auch die Ruhegehalte der evan-
gelischen Geistlichen sind diesen Grundsätzen nachgebildet, woneben
für die Ansprüche ihrer Hinterbliebenen besondere Bestimmungen
bestehen; besondere Vorschriften gelten wegen der Verschiedenheit
der Verhältnisse für die Pensionen der katholischen Geistlichen. Das
Nähere ist zu § 50 in den Anmerkungen Nr. 2—5 ausgeführt.
8§ 78. b) Kirchenregiment der evangellsch-lutherischen Kürche.
Das Kirchenregiment der evangelisch-lutberischen Kirche#
wird durch das Königliche Konsistorium und den Synodus
nach den bestehenden oder künftig zu erlassenden verfassungs-
mäßigen Gesetzen verwaltet.
1. Unter den hier erwähnten „verfassungsmäßigen“
Gesetzen sind kirchliche Gesetze zu verstehen, Gesetze, welche der Kir-
chenverfassung entsprechen. Die Organisation des Kirchenregiments
gehört nach ihrem ganzen Umfange einschließlich der Einrichtung
des Konsistoriums und des Synodus zu den innerkirchlichen Ange-
legenheiten im Sinne des § 71 Vl.; sie unterliegt daher auch in
ihrem ganzen Umfange der Regelung durch die kirchliche Gesetzge-
bung. In dieser Richtung will der § 75 dem Grundsatz des § 71
keine staatsverfassungsmäßige Schranke setzen. Auf der Grundlage
der heute für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche maßgeben-
den Anschauungen sind der juristischen Konstruktion zwei Wege
möglich: entweder geht man davon aus, daß einzelne Bestimmungen
der Verfassungsurkunde, insbesondere der § 75, ihrem Wesen und
Inhalt nach kirchengesetzliche sind und als solche auch be-
züglich ihrer Aenderung behandelt werden müssen, oder nimmt man
an, daß in diesen kirchenrechtlichen Punkten das Staatsverfassungs-
gesetz nur einen referierenden, auf die vorhandenen kirchlichen Ein-
richtungen hinweisenden Charakter hat.
2. Oberhaupt der evangelischen Kirche, Landesbischof ist
der König, wenn er der evangelischen Konfession
angehört. Der König übt das ihm als Staatsoberhaupt zu-
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