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meinderat vertreten, der auch ihr Vermögen verwaltet und das
Besteuerungsrecht unter staatlicher Aufsicht ausübt. Der Kirchen-
gemeinderat setzt sich zusammen aus dem Pfarrer oder den meh-
reren im Pfarramt der Kirchengemeinde ständig angestellten Geist-
lichen, aus dem Ortsvorsteher oder dessen ordentlichen Stellvertreter,
wenn sie der evangelischen Kirche angehören, aus dem vom Kir-
chengemeinderat gewählten Kirchenpfleger und aus den von den
Gemeindegenossen gewählten weltlichen Kirchengemeinderäten. Der
Patron kann mit beratender Stimme teilnehmen. Die Aufgabe des
Kirchengemeinderats besteht nach dem Staatsgesetz in der Vertre-
tung der Kirchengemeinde und in der unter staatlicher und kirch-
licher Aufsicht stehenden Verwaltung des örtlichen Kirchenvermögens.
Außerdem liegt dem Kirchengemeinderat kraft kirchlichen Gesetzes
die Besorgung der innerkirchlichen Angelegenheiten ob, die vorher
den Pfarrgemeinderäten übertragen war; hiernach ist er auch be-
rufen, in Unterstützung der pfarramtlichen Tätigkeit den religiösen
und sittlichen Aufbau der Gemeinde zu fördern, die christliche Ge-
meindetätigkeit zu pflegen und die Kirche in ihren inneren Ange-
legenheiten zu vertreten. Ausnahmsweise ist in einzelnen Kirchen-
gemeinden die alte Organisation mit dem Stiftungsrat und dem
Pfarrgemeinderat in Kraft geblieben ).
3) Den beiden zur evangelisch-lutherischen Kirche, aber nicht
zur Landeskirche gehörigen Gemeinden Kornthal und Wil-
helmsdorf ist durch eine K. Verordnung vom 22. August 1819
bezw. ein K. Dekret vom 26. Septbr. 1825 in politischer und kirch-
licher Hinsicht eine Ausnahmestellung eingeräumt worden, doch
haben diese Vorrechte durch die Reichsgesetzgebung und das würt-
1) Durch K. Verordnung vom 25. Jan. 1851 (Rbl. S. 5) wurde
das Institut der Pfarrgemeinderäte in der evangelischen Landes-
kirche eingeführt; das staatliche Gesetz vom 14. Juni 1887 regelte
sodann in 96 Artikeln eingehend die Vertretung der evangelischen
Kirchengemeinden und die Verwaltung ihrer Vermögensangelegen-
heiten; im Anschluß an dieses staatliche Gesetz brachte das kirchliche
Gesetz vom 29. Juli 1888 die Organisation der Kirchengemeinden
zum Abschluß (ovgl. Gaupp-Göz S. 409 ff.; Göz, Verwaltungs-
rechtspflege S. 330 ff.). Eine Novelle, die in einigen wenig erheb-
lichen Punkten ändert, kommt demnächst zur Veröffentlichung.