Verfassungsurkunde. 8 78. 139
a) Der Landesbischof hat seinen Sitz in Rottenburg; er
wird gewählt von dem Domkapitel aus dem Diözesanklerus und
muß ein Deutscher von Geburt und württembergischer Staatsange-
höriger sein, auch soll er die Seelsorge oder ein akademisches Lehr-
amt oder sonst eine öffentliche Stelle mit Verdienst und Auszeich-
nung verwaltet haben, und der inländischen Staats= und Kirchen-
gesetze und Einrichtungen kundig sein. Der zu Wählende darf keine
dem Landesherrn minder angenehme Person sein, die Regierung ist
befugt, in der ihr vorzulegenden Bewerberliste die ihr mißliebigen
Personen zu streichen; der gewählte Bischof hat vor der Konsekration
den Eid der Treue und des Gehorsams in die Hände des Landes-
herrn abzulegen.
b) Das Domkapitel, aus einem Dekan und sechs Kapitu-
laren bestehend, bildet unter dem Bischof die oberste Verwaltungs-
behörde der Diözese (Bischöfliches Ordinariat) und sorgt für die
Diözesanverwaltung, wenn der Bischof verhindert oder sein Sitz
erledigt ist; den Vorsitz führt der Dekan. Der Domdekan, die Dom-
kapitulare und der Kapitelsvikar werden abwechslungsweise vom
Bischof oder vom Kapitel gewählt; dem Landesherrn ist hiebei jedes-
mal innerhalb sechs Wochen vom Tage der Erledigung an eine Liste
von vier Bewerbern vorzulegen, die Priester, mindestens 30 Jahre
alt, tadellosen Wandels sein und vorzügliche theologische Kennt-
nisse besitzen sollen. Aus dieser Liste kann der Landesherr die ihm
minder genehmen Personen streichen.
c) Das Ernennungsrecht des Staats zu katholi-
schen Kirchenstellen ist, soweit es nicht auf besonderen Titeln,
insbesondere dem Patronat beruht (ogl. Min Verf. v. 9. März
1858 Rbl. S. 25 und Bekanntmachung v. 17. März 1875 Rbl. S. 165)
durch Art. 2 des Gesetzes vom 30. Januar 1862 aufgehoben worden
und damit auf den Bischof übergegangen. Die Zulassung ist je-
doch bedingt durch den Besitz des württembergischen Staatsbürger-
rechts und durch den Nachweis einer vom Staate für entsprechend
erkannten wissenschaftlichen Vorbildung (Kirchen Ges. Art. 3); auch
kann die Verleihung von Kirchenämtern nur an solche erfolgen, die
nicht von der Staatsregierung unter Anführung von Tatsachen als
ihr in bürgerlicher oder politischer Beziehung mißliebig erklärt