Verfassungsurkunde. 8 85. 149
und zu empfangen. Insoweit die Verträge mit fremden Staaten
sich auf solche Gegenstände beziehen, welche nach Art. 4 in den Be-
reich der Reichsgesetzgebung gehören, ist zu ihrem Abschluß die Zu-
stimmung des Bundesrats und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung
des Reichstags erforderlich. Soweit dem württembergischen Staat
die Vertretung nach außen verblieben ist, wird sie von dem Mini-
sterium der auswärtigen Angelegenheiten, poli-
tische Abteilung, und den demselben unterstellten Gesandt-
schaften besorgt, wogegen die dem Staatsministerium direkt unter-
stellten Bundesratsbevollmächtigten regelmäßig von diesem ihre
Instruktionen erhalten. Zum Geschäftskreis der politischen Ab-
teilung dieses Ministeriums gehören insbesondere:
a) Die Verhandlungen mit auswärtigen Staaten, insbesondere
der Abschluß von Staatsverträgen und die Einleitung
ihrer Vollziehung; soweit die staatlichen Angelegenheiten nicht in
die Zuständigkeit des Reichs übergegangen sind, oder soweit das
Reich von seiner Zuständigkeit noch keinen Gebrauch gemacht hat,
sind die Einzelstaaten grundsätzlich zum Abschluß von Staatsver-
trägen befugt; für Württemberg kommen hauptsächlich in Betracht
Staatsverträge wegen des Anschlusses von Eisenbahnen, Post= und
Telegraphenverträge (vgl. Reichsverfassung Art. 52 Abs. 3 u. Post-
vertrag v. 23. Nov. 1867, zwischen dem Norddeutschen Bund, Bayern,
Württemberg u. Baden, RBl. S. 215), Verträge zur Vereinigung
der Landesgrenzen, Verträge zur Beseitigung von Doppelbesteuer-
ungen, einzelne Auslieferungsverträge und Jurisdiktionsverträget).
b) Die Beglaubigung und Instruierung der Ge-
sandten, deren Württemberg zur Zeit noch zwei hat, einen in
Preußen, zugleich für Sachsen und einen in Bayern, zugleich für
Baden und Hessen, und die Pflege des Verkehrs mit den auswär-
tigen am K. Hof beglaubigten Gesandtschaften. Die konsularische
Vertretung im Auslande steht ausschließlich dem Reiche zu und die
von Württemberg beliebte Unterhaltung von Handelskonsuln in
einzelnen deutschen Großstädten hat nur eine dekorative Bedeutung.
1) Vgl. im einzelnen Gaupp-Göz S. 426—428 und wegen
der Auslieferungsverträge Bekanntmachung des Justizministeriums
vom 21. Nov. 1905 (Abl. S. 117).