Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde. 8 88. 155 
unter Gesetz „das geltende Privat- und öfsentliche Recht überhaupt; 
ein Befehl der Staatsgewalt, welcher eine Abänderung des be— 
steheinden Rechtszustands bewirken soll, welcher also einen Rechts- 
satz aufstellt und damit die Handlungsfreiheit beschränkt, kann nur 
im Wege der Gesetzgebung erlassen werden“. 
Auf einzelnen Gebieten hat die Grenzbestimmung zwischen Ge- 
setz und Verordnung zu lebhaften Erörterungen geführt: 
a) Im Landespolizeiwesen beanspruchte die Regierung 
im Widerspruch mit den Ständen die Befugnis, durch allgemeine 
Verfügungen der Landespolizeibehörde auch ohne gesetzliche Ermäch- 
tigung gemeingefährliche Handlungen mit Strafe zu bedrohen. Diese 
Streitfrage wurde erst anläßlich der Einführung des Reichsstrafge- 
setzbuchs durch das Landespolizeistrafgesetz vom 27. Dezbr. 1871 
Art. 51 dahin entschieden, daß das Verordnungsrecht in Polizei- 
sachen durch eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung bedingt ist, 
und daß das Gesetz selbst die Strafen für die Nichtbeachtung der 
innerhalb dieser Grenzen erlassenen Verordnungen und Verfügungen 
festzusetzen hat 1). Auch eine Beschränkung der aus dem Eigentum 
fließenden Befugnisse des Grundeigentümers durch polizeiliche Ver- 
fügungen darf nur auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen ?). 
b) Die bestehende Organisation der Behörden kann, 
soweit sie nicht auf Gesetzen beruht, vorbehältlich des landständi- 
schen Rechts der Verwilligung der erforderlichen Mittel, im Ver- 
ordnungswege vorgenommen werden. Dagegen kann bestehenden 
oder neu errichteten Behörden eine obrigkeitliche mit Straf= oder 
Zwangsbefugnis verbundene Gewalt nur durch Gesetz verliehen 
werden (ogl. VU. § 26); hierunter fällt jedoch nicht die der Re- 
gierung zustehende Verleihung der Rechte eines Landeskollegiums 
mit der damit verbundenen Strafbefugnis an eine bestehende oder 
neue Behörde ?). 
J) Die für die Tätigkeit einzelner Behörden oder öffentlich an- 
gestellter Personen zu entrichtenden Gebühren können sich nach 
1) Vgl. Bitzer, Regiernng und Stände S. 276. 
2) Vgll. Göz, Verwaltungsrechtspflege S. 363—367. 
3) Vgl. Bitzer a. a. O. S. 278—282.
	        
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