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der Natur der staatlichen Tätigkeit, für die sie entrichtet werden,
und nach der Art ihrer Erhebung als öffentlich rechtliche Leistungen
oder als privatwirtschaftliche Vergütungen darstellen: Im ersteren
Fall entspricht dem Grundsatze die gesetzliche Regelung, wie denn
auch die Gebühren in den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen
Rechtssachen, auf welche die Civilprozeßordnung, die Strafprozeß-
ordnung oder die Konkursordnung Anwendung findet, durch das
Gerichtskostengesetz in der Fassung des Reichsgesetzes vom 17. Mai
1898 und die Gerichtskosten in Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit auf Grund des Landesgesetzes vom 4. Juli 1899
durch die K. Verordnung vom 11. Novbr. 1899, die Verwaltungs-
sporteln durch das Sportelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung
vom 28. Dezbr. 1899 geordnet sind. Im letzteren Falle dagegen
lassen sich grundsätzliche und verfassungsmäßige Bedenken gegen die
Regelung im Verordnungswege nicht geltend machen. Die Regie-
rung hat auch bisher an dem Recht der selbständigen Festsetzung
der Gebühren im württembergischen Post-, Telegraphen= und Eisen-
bahn-Verkehr trotz wiederholtem Widerspruch der Abgeordneten-
kammer festgehalten.
d) Die vor der Verfassung von 1819erlassenen
staatlichen Anordnungen geben durch die Form ihrer Ab-
fassung keine Auskunft darüber, ob sie Gesetze oder Verordnungen
im Sinne der Verfassungsurkunde sind. Entscheidend ist hier le-
diglich der Inhalt für die Frage, ob sie als Gesetze im materiellen
Sinn aufzufassen sind oder nicht. Soweit sie sich nach ihrem In-
halt als Gesetze darstellen, bedürfen sie zu ihrer Aenderung eines
Gesetzes; ihr sonstiger Inhalt dagegen kann im Verordnungswege
geändert werden. Diese Regel hat auch in dem Art. 54 Abs. 2
des Polizeistrafgesetzes vom 27. Dezember 1871 Anerkennung ge-
funden 7.
3. Die Förmlichkeiten, die bei der Erlassung eines Gesetzes zu
beobachten sind, die verschiedenen Stadien des Gesetz ge-
bungswegs, kommen bei § 172 zur Erörterung.
1) Vgl. Bitzer a. a. O. S. 280, 283.