Verfassungsurkunde. § 89. 157
8 30. Im Gegensatze von Verordnungen.
Der König hat aber das RZecht, ohne die Witwirkung der
Stände die zu Dollstreckung und Handhabung der Gesetze er-
forderlichen Derordnungen und Anstalten zu treffen, und in
dringenden Fällen zur Sicherheit des Staates das U#ötige vor-
zukehren.
1. Verordnung im Sinne der VU. ist jeder Befehl der
Staatsgewalt, welcher nicht in der Form des Gesetzes erlassen
wird. Je nachdem durch eine solche Verordnung innerhalb der
gesetzlichen Schranken eine Rechtsregel für allgemein verbindlich
erklärt oder innerhalb des Kreises der Verwaltung ein Dienstbefehl
gegeben wird, wird zwischen Rechtsverordnungen und Ver-
waltungsverordnungen unterschieden. Unter den ersteren
nimmt eine besondere Stellung ein die am Schlusse des § 89 her-
vorgehobene Notverordnung, die unter bestimmten Voraus-
setzungen an die Stelle des Gesetzes tritt.
2. Im allgemeinen steht dem König das Recht zu Verordnungen
überall da zu, wo nicht in Gemäßheit des § 88 die Mitwirkung der
Stände und damit der Gesetzgebungsweg geboten ist. Außerdem
kann auch ein Gegenstand, der an sich der gesetzlichen Regelung
bedürftig wäre, durch besondere gesetzliche Ermächtigung dem Ver-
ordnungswege überwiesen werden.
3. Soweit die Gesetzgebung keine Einschränkung enthält, ist
der König zu Verordnungen berechtigt, nicht aber verpflichtet; mit
seinem Einverständnis kann dieses Verordnungsrecht auch von den
zuständigen Ministerien oder von anderen damit betrauten Behör-
den ausgeübt werden. In erster Linie ist hier entscheidend der
Inhalt des Gesetzes, auf welchem die Ermächtigung zu Verordnungen
beruht: in einem Gesetze kann ausdrücklich auf die Königliche Ver-
ordnung oder auf eine Verfügung eines Ministeriums oder mehrerer
beteiligter Ministerien hingewiesen, ausnahmsweise auch eine sonstige
Staatsbehörde oder Gemeindebehörde mit der Vollziehung beauf-
tragt werden (vgl. in Betreff des Verordnungsrechts in Polizei-
sachen Art. 51—53 des PSt G. vom 27. Dezbr. 1871). Allgemein
üblich ist es, sowohl in den Gesetzen als in den Königlichen Ver-