162 Verfassungsurkunde. § 89—90.
die zeitweilige Außerkraftsetzung von Reichsgesetzen in Frage
kommt 1).
§ ç90. Insbesondere im Pollzeiwesen.
Sben diese Bestimmungen (88 88, 80) finden auch bei
den Gesetzen, Derordnungen und Anstalten im Landespolizei-
wesen statt.
1. Die Grundsätze der §§ 88 und 89 kommen für das Lan-
despolizeiwesen im vollen Umfang zur Geltung (vgl. 8 88
Anm. 2, lit. a, b, 4 und § 89 Anm. 2).
2. Das Polizeiwesen, das in unterster Instanz durch Ge-
meindebehörden (Ortsvorsteher oder Hilfsbeamte) unter Aussicht
der Staatsbehörden besorgt wird 2), ist durchgängig auf gesetzliche
Grundlagen gestellt; insbesondere sind die Strafbefugnisse der Po-
lizei= und Verwaltungsbehörden, soweit sie nicht an die ordentlichen
Gerichte übergegangen sind, landesgesetzlich bestimmt. Die Befug-
nis zur Verhängung von Ordnungsstrafen wegen Ungehorsams
gegen die von ihnen innerhalb ihrer Zuständigkeit erlasseenen und
ordnungsmäßig eröffneten Anordnungen, sowie wegen Verletzung
der den Behörden schuldigen Achtung durch ungebührliches Beneh-
men oder ungebührliche Aeußerungen im mündlichen oder schrift-
lichen amtlichen Verkehr steht nach den näheren Bestimmungen der
Polizeistrafnovelle vom 12. August 1879 Art. 2, 3, 5 und 11 in
Verbindung mit Art. 3 der Novelle vom 4. Juli 1898 allen Kolle-
gialstellen, ferner den Oberämtern, den Eisenbahnstellen in Aus-
übung der Eisenbahnpolizei, den Ortsvorstehern und Gemeinderäten
zu. Durch die erstgenannte Polizeistrafnovelle ist auch die Erlassung
von Strafverfügungen der Polizeibehörden, d. h. der Ortsvorsteher,
der Oberämter, der Eisenbahnstellen wegen bahnpolizeilicher Ueber-
tretungen, der Hafendirektion in Friedrichshafen wegen bestimmter
1) Vgl. Laband, Reichsstaatsrecht Bd. 4 S. 40—47; Sar-
wey, Staatsrecht Bd. 1 S. 277—283: Gaupp-Göz S. 29—31.
*:) Vgl. Verwaltungsedikt v. 1. März 1822 88 14, 69, Gesetz v.
6. Juli 1849 Art. 24; Gesetz v. 21. Mai 1891 Art. 20; Gemeinde-
ordnung Art. 162—167.