Verfassungsurkunde. § 90. 163
Uebertretungen, nach Maßgabe des § 453 St PO. geregelt (Art. 9
bis 25) und des weiteren den Polizeibehörden das Recht zur An-
wendung direkter Zwangsmittel behufs Ausführung ihrer Anord-
nungen eingeräumt (Art. 2 Abs. 2) 1).
3. Zu polizeilichen Zwecken steht den Bundesfürsten nach Art. 66
Abs. 2 der Reichsverfassung das Recht zu, nicht bloß ihre eigenen
Truppen zu verwenden, sondern auch alle anderen Truppenteile des
Reichsheers, welche in ihrem Lande disloziert sind, zu requirieren.
Die Voraussetzungen für die Requisition des Militärs
bestimmen sich nach Landesgesetz, in Württemberg nach Art. 3 des
Gesetzes vom 28. August 1849, wonach die Aufforderung zum mili-
tärischen Beistand in der Regel durch das Ministerium des Innern
und nur in außerordentlichen Fällen entschiedener dringender Ge-
fahr durch die oberste Polizeibehörde des Bezirks erfolgt. Der Ge-
richtsvollzieher hat sich, wenn militärische Hilfe erforderlich ist, an
das Vollstreckungsgericht zu wenden (CPO. § 758 Abs. 3). Bei
Gefahr für Leben oder Eigentum, ausnahmsweise auch bei erheb-
lichen Störungen des öffentlichen Verkehrs findet die Stellung mili-
tärischer Hilfskommandos nach den näheren Bestimmungen in der
Bekanntmachung des Ministeriums des Innern v. 30. März 1899
(Abl. S. 154) statt:). Ueber das Einschreiten des Militärs selbst,
insbesondere den Umfang und die zu beobachtenden Formen gelten
nach Art. 61 der Reichsverfassung und Art. 10 der württ. Militär-
konvention vom 21.—25. Nopbr. 1870 ausschließlich die Vorschriften
des Preußischen Gesetzes über den Waffengebrauch des Militärs
vom 20. März 1837, sowie die §8 8 u. 9 der preußischen Verord-
nung vom 17. August 1835 zur Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und der dem Gesetze schuldigen Achtung, die mit der Mi-
nisterialverfügung vom 27. Mai 1878 im Regierungsblatt S. 125 ff.
veröffentlicht worden sind.
4. Die Verhältnisse des dem Ministerium des Innern unter-
stellten militärisch organisierten Landjägerkorps, das als
Landespolizeianstalt bestimmt ist, die Staats= und Gemeindebehör-
den in ihrer Tätigkeit zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung und
1) Vgl. Gaupp-Göz S. 185.
:!) Vgl. Gaupp-Göz S. 296 Note 4. „
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