Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde. § 92•—93. 167 
5. Die Oberaufsicht des Königs wird ausgeübt durch 
periodische Berichte und Geschäftsübersichten, sowie durch Einforderung 
von Berichten in einzelnen Fällen. Sie gibt auch die Befugnis, 
über die formelle Geschäftsbehandlung, soweit sie nicht gesetzlich 
geregelt ist, Instruktionen zu erteilen oder durch den Justiz- 
minister erteilen zu lassen 1). Sodann steht dem Justizminister 
die Aufsicht über die formelle Geschäftsbehandlung der Gerichte, 
sowie die allgemeine Dienstaufsicht über das staatsanwaltliche Per- 
sonal und die Kanzleibeamten der Gerichte zu (AusfGes. z. Ger Verf.= 
Ges. vom 24. Jan. 1879 Art. 23 u 28); auch werden die den 
Gerichten übertragenen nicht richterlichen Geschäfte der Justizver- 
waltung von ihm beaufsichtigt und geleitet. Außerdem ist die Auf- 
sicht über die Verwaltung der Gemeindejustiz den Amtsgerichten, 
die Dienstaufsicht über die Amtsgerichte, sowie über die Gewerbe- 
gerichte und Kaufmannsgerichte den Landgerichten, über die Land- 
gerichte dem Oberlandesgericht, über das staatsanwaltliche Per- 
sonal den ersten Staatsanwälten bei dem Oberlandesgericht und 
den Landgerichten übertragen (angef. AusfGes. Art. 23 u. 28). 
Den Aufsichtsbehörden kommt nach Art. 71 u. 77 des Beamten- 
gesetzes in Verbindung mit den K. Verordnungen vom 13. Febr. 
1877 §J 4 und vom 27. Septbr. 1879 Disziplinarstrafgewalt zu. 
Diese Dienstaufsicht darf jedoch nicht zu einer Einmischung in die 
materielle Rechtsprechung der Gerichte, auch soweit sie sich auf An- 
gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bezieht, mißbraucht 
werden. Dem Justizminister ist insbesondere gegen Richter eine 
Strafbefugnis nur wegen einer in unmittelbarer amtlicher Beziehung 
begangenen Verletzung der Dienstpflicht eingeräumt (K. VO. v. 13. 
Febr. 1877 § 1 Abs. 2) 2. 
§ 63. Unabhängigkeit der Gerichte. 
Die Gerichte, sowohl die bürgerlichen als die peinlichen, 
sind innerhalb der Grenzen ihres Berufes unabhängig. 
) Vgl. G aupp -Göz S. 284 Note 1—3. 
2!) Vgl. im einzelnen R. Geßler, Die württ. Landesgesetze u. 
Verordnungen zur Ausführung und Ergänzung der CPO. und des 
Zwangs VerstGes. 1902 S. 270—273. 
 
	        
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