Verfassungsurkunde. § 93—94. 169
Kammer der Abgeordneten § 98); die Frage, ob eine Vorlage eine
Abänderung der Verfassung in sich schließt, wird nach der Uebung
im Streitfalle durch Abstimmung mit einfacher Stimmenmehrheit
zur endgültigen Entscheidung gebracht!).
§ c%4. Gerichtsstand des Flskus.
Der Königliche Fiskus wird in allen Hrivatrechtsstreitig-
keiten bei den ordentlichen Gerichten Recht geben und nehmen.
1. Der Staat als privatrechtliche oder vermögensrechtliche Per-
sönlichkeit, d. h. als Fiskus, ist der Gerichtsbarkeit der ordent-
lichen Gerichte uneingeschränkt unterworfen; gemäß § 4 Einf Ges. z.
C O. darf für bürgerliche Rechtstreitigkeiten, für welche nach dem
Gegenstand oder der Art des Anspruchs der Rechtsweg zulässig
ist, uus dem Grunde, weil als Partei der Fiskus beteiligt ist, der
Rechtsweg durch die Landesgesetzgebung nicht ausgeschlossen werden.
Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird durch den Sitz der
Behörde bestimmt, welche berufen ist, den Fiskus in dem Rechts-
streit zu vertreten (CPO. §.18)2). Auch bei öffentlich-rechtlichen
Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten hat der Fiskus als
Träger von vermögensrechtlichen Befugnissen und Verpflichtungen,
wie solche namentlich im Wasserrecht und Wegrecht vorkommen, im
Parteistreitverfahren die Rolle des Klägers oder Beklagten zu über-
nehmen, wogegen die Rechtsbeschwerdesachen, in denen die Recht-
mäßigkeit staatlicher Verwaltungsakte geprüft wird, den Fiskus
nicht berühren. Streitigkeiten über die aus dem öffentlichen Recht
abgeleitete Verbindlichkeit der Staatskasse zu Leistungen an Ge-
meinden, Amtskörperschaften oder Stiftungen für öffentliche Zwecke
sind dem Parteistreitverfahren vor den Verwaltungsgerichten nur
insoweit unterstellt, als diese Zwecke in den Geschäftskreis des
1) Vgl. Sarwey, Staatsrecht Bd. 2 S. 99—101; Gaupp-
Göz S. 180—181; abweichend Laband a. a. O. Bd. 2 S. 39 f.
)) Ueber die Vertretung des Fiskus in Rechtsstreitigkeiten des
öffentlichen und des bürgerlichen Rechts vgl. Verf. sämtlicher Mini-
hrn . 2. März 1900 (Rbl. S. 337) u. Min Verf. v. 9. Febr. 1901
. S. 40).