Verfassungsurkunde. § 109—110. 209
weifungssteuern ebenfalls in einem eigenen Kapitel unter den Dek-
kungsmitteln erscheint und hier zur Herabminderung des zur Her-
stellung des Gleichgewichts zwischen Ausgaben und Einnahmen
erforderlichen Betrags von Landessteuern dient. Das Reichsgesetz
vom 3. Juni 1906, betr. die Ordnung des Reichshaushalts und die
Tilgung der Reichsschuld setzt durch eine beträchtliche Vermehrung
der eigenen Einnahmen des Reichs den ungedeckten Matrikular-
beiträgen Schranken und erleichtert durch die Vorschrift des § 3
die Erhebung der verbleibenden ungedeckten Matrikularbeiträge;
es ist zu hoffen, daß damit der Landesetat von den Mißständen
eines wegen der Unsicherheit der Veranschlagung und der großen
Schwankungen störenden Elements im wesentlichen befreit wird.
§ no. MNachweisung des Ssteuerbedarkes.
Dem Ansinnen einer Steuerverwilligung muß jedesmal
eine genaue Nachweisung über die Motwendigkeit oder Nütz—
lichkeit der zu machenden Ausgaben, über die Derwendung
der früheren Staatseinnahmen und über die Unzulänglichkeit
der Kammereinkünfte vorangehen.
1. Das Ansinnen einer Steuerverwilligung und da-
mit die Steuerverwilligung selbst ist von der Verfassungsurkunde
mit Nachdruck („muß jedesmal“) an drei Voraussetzungen ge-
knüpft:
a) den Nachweis der Ausgaben, des laufenden Staatsbedarfs
b) den Nachweis der Verwendung der früheren Staatsein-
nahmen,
Jc) den Nachweis der Unzulänglichkeit des Ertrags des Kam-
merguts.
Abgesehen von dem Ansinnen einer Steuerverwilligung ist der
Regierung nirgends in der Verfassungsurkunde die Verpflichtung
auferlegt, diese Nachweise der Ständeversammlung gegenüber zu
erbringen; wäre es daher möglich einen Etat ohne Steuerverwilli-
gung ins Gleichgewicht zu bringen, so wäre verfassungsmäßig die
Mitwirkung der Ständeversammlung nicht geboten. Solange die
drei Voraussetzungen, die dem Ansinnen der Steuerverwilligung
G#z, Verfassungsurkunde. 14