Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

226 Verfassungsurkunde. § 112. 
Steuern. Das Ansinnen und die Verwilligung neuer Steiuern setzt 
daher gemäß § 110 den Nachweis der Verwendung dieser Rest- 
mittel, sei es nun für den ordentlichen oder den außerordentlichen 
Dienst voraus. Unhaltbar ist die von Mohl, Staatsrecht Bd. 2 
S. 878 vertretene Auffassung, daß diese Geldmittel, insolange die 
zu ihrer Verwendung erforderliche Uebereinstimmung zwischen der 
Regierung und der Ständeversammlung nicht erzielt sei, unver- 
wendet liegen bleiben und vom Finanzminister tunlichst fruchtbrin- 
gend anzulegen seien. Aus der Vorschrift des § 110 Vl. ergibt 
sich, daß die Regierung diese Mittel in erster Linie zur Deckung 
des Bedarfs der folgenden Finanzperiode zu verwenden hat und 
daß die Landstände vor dem Nachweis einer solchen Verwendung 
neue Steuern nicht verwilligen dürfen. Hierauf weisen auch die 
Verhandlungen über den § 108 der Verfassungsproposition von 1819 
(jetzt § 113) hin; der königliche Verfassungsentwurf von 1817 hatte 
in § 226 folgende Bestimmungen enthalten: 
„Wenn eine Steuer für einen bestimmten Zweck mit verwilligt 
worden ist, so erlöscht die Verbindlichkeit, dieselbe abzuliefern, so- 
bald dieser Zweck erreicht oder aufgegeben ist. 
Ist von der bewilligten Steuer mehr eingegangen, als zu dem 
verabschiedeten Zwecke verwendet wurde, so kann der Betrag bei 
andern Steuer-Entrichtungen in Aufrechnung gebracht werden. 
Auf gleiche Weise kann die Verminderung einer bereits ver- 
willigten Steuer in Antrag gebracht, oder das Abgelieferte ander- 
wärts aufgerechnet werden, wenn nachher der Fall eintritt, daß 
der Staats-Aufwand, für welchen solche Steuer mit bewilligt wurde, 
zum Teil mit andern ordentlichen oder außerordentlichen Staats- 
Einnahmen, wie z. B. der Aufwand für den Kriegs-Etat durch 
Subsidien, bestritten werden kann.“ 
Unter Berufung auf diesen Vorgang wurde in der Sitzung vom 
16. September 1819 von einem Abgeordneten beantragt, hinter 
§ 108 folgenden neuen Paragraphen einzuschalten: 
„Ist der Zweck, für welchen eine Steuer bewilligt war, erreicht 
oder aufgegeben, so ist die Verbindlichkeit zu deren ferneren Ent- 
richtung für erloschen zu erklären. 
Ist von dem bereits eingegangenen oder noch rückständigen
	        
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