Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde. § 123. 239 
Gläubigern mit der Zwangsvollstreckung in Anspruch genommen 
werden 1). Eine besondere Haftung der Stände oder der einzelnen 
Mitglieder der Ständeversammlung für die Staatsschuld findet da- 
neben nicht statt; die im § 119 betonte „Gewährleistung der 
Stände“ und die in § 120 hervorgehobene „Verantwortlich- 
keit der Stände“ lassen sich nur als eine von der Verfassung 
eingeschärfte öffentlich rechtliche Verpflichtung der Stände zur Sorge 
für die Erfüllung der Ansprüche der Staatsgläubiger deuten. Im 
Zwangswege kann diese öffentlich rechtliche Verpflichtung von den 
Gläubigern des Staats nicht realisiert werden. Nur insoweit als 
einzelne Mitglieder der Ständeversammlung sich bei der Verwaltung 
forderlichenfalls kann das gesamte staatliche Vermögen von den 
der Staatsschuldenkasse eine Verletzung der ihnen obliegenden Pflichten 
zu Schulden kommen lassen, kann gegen diese eine Schadensersatz- 
klage der Gläubiger nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts 
in Frage kommen. Aus der den Ständen auferlegten Gewähr- 
leistung für die Staatsschuld läßt sich das verfassungsmäßige Verbot 
ableiten, einem Gesetzentwurf die Zustimmung zu erteilen, der eine 
Beeinträchtigung der wohlerworbenen Rechte der Staatsgläubiger 
in sich schließt. Allein auch dieses Verbot kann von den Gläubigern 
zwangsweise nicht durchgesetzt werden; man kann daraus nicht ein- 
mal die Folgerung ziehen, daß zur Annahme eines solchen Gesetz- 
entwurfs in der Ständeversammlung eine Zweidrittelsmehrheit er- 
forderlich wäre. 
5) Die in Art. 1 des Revidierten Staatsschuldenstatuts zur Be- 
gründung einer Staatsschuld verlangte „gemeinschaftliche Verab- 
schiedung zwischen der Regierung und den Ständen“ vollzieht sich nach 
der Regelvorschrift des § 176 Vll. unter gleicher Berechti- 
gung der beiden Kammern, wenn nicht der Ausnahmefall des 
§ 181 Vl. zutrifft, oder mit anderen Worten, wenn nicht der Be- 
schluß über eine Anlehensaufnahme sich als eine Abgabenverwilligung 
im Sinne des § 181 darstellt. Zu dieser Annahme fehlt jeder Grund. 
Die Zustimmung der Ständeversammlung zu einer Anlehensaufnahme 
ermächtigt lediglich die Regierung und die ständische Schuldenver- 
waltungsbehörde ein Anlehen im bestimmten Betrage zu möglichst 
) Ueber die Vorrechte des Fiskus ogl. § 94 Anm. 2 S. 170 f. 
 
	        
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