Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

240 Verfassungsurkunde. § 123. 
günstigen Bedingungen aufzunehmen; eine Verfügung darüber, daß 
die Zinsen und Tilgungsquoten dieses Anlehens aus Steuermitteln 
zu bezahlen, und daß zu diesem Zweck Steuern in bestimmten Be- 
trägen zu erheben seien, enthält ein solcher Beschluß nicht. Mit den 
Steuern haben Anlehen die Eigenschaft gemein, als Deckung für 
staatliche Ausgaben zu dienen; aber die Verfassungsurkunde wirft 
diese beiden Deckungsmittel nirgends zusammen, hält sie vielmehr 
scharf auseinander und läßt in § 109 als Deckungsmittel für den 
laufenden Staatsbedarf neben dem Ertrag des Kammerguts nur 
die Steuern zu (vgl. S. 202). Aus der Gemeinsamkeit der Zweckbe- 
stimmung darf daher nicht auf die Gemeinsamkeit der Anwendung 
des § 181 Vl. geschlossen werden. 
Anlehensaufnahmen führen wegen der Notwendigkeit der Ver- 
zinsung und Tilgung regelmäßig zu einer Erhöhung der Landes- 
steuerlast und beeinflussen so die Beschlußfassung über die Abgaben- 
verwilligung, bei welcher der Abgeordnetenkammer eine bevorrechtete 
Stellung zukommt; allein diese Wirkung haben sie mit zahlreichen 
anderen Gesetzentwürfen gemein, die staatliche Ausgaben mit sich 
bringen und dadurch zu einer Erhöhung der Steuerlast beitragen; 
es ist noch von keiner Seite in der Theorie oder Praxis die Be- 
hauptung aufgestellt worden, daß derartige finanzielle Nebenwir- 
kungen eines Gesetzes den Tatbestand einer Abgabenverwilligung im 
Sinne des § 181 erfüllen. 
Ihrem inneren Wesen nach bildet die Anlehensaufnahme keinen 
geeigneten Gegenstand für die finanzgesetzliche Regelung; denn die 
Anlehensaufnahme begründet für den Staat absolut bindende zivil- 
rechtliche Verpflichtungen, die weit über den Zeitraum der Geltung 
des Finanzgesetzes hinausreichen. 
In Wirklichkeit beruhen auch die württemb. Staatsanlehen zum 
größten Teil auf ordentlichen Gesetzen, die unter bewußt gleichbe- 
rechtigter Mitwirkung der beiden Kammern beschlossen worden sind. 
Als mit dem Beginne des Baues von Staatseisenbahnen die 
Anlehensaufnahmen in den Vordergrund traten, wurde im ordent- 
lichen Gesetzgebungsweg mit dem Eisenbahngesetz vom 18. April 
1843 in Art. 4 die grundlegende Bestimmung gegeben: „Zu Be- 
streitung des weiteren Aufwands werden Staatsanlehen aufgenom-
	        
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