20 Verfassungsurkunde. § 5.
Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Rechte aufgehoben hat, wird der ein politisches Sonderrecht regelnde
§ 5 nicht berührt.
2. Es fragt sich, ob die Vorschrift in § 5 eine Bedingung des
Erbfolgerechts bildet oder nur dem König eine verfassungsmäßige
Pflicht auferlegt; jene Ansicht wird von Mohl, Staatsrecht Bd. 1
S. 178 und von Sarwey, Staatsrecht Bd. 1 S. 50, diese
von Gaupp-Göz S. 60 Note 2 und 3 vertreten. Der 8 5, so
wie er der Ständeversammlung vorgelegt wurde, lautete: „Der
König kann jeder christlichen Kirche angehören“ #), seine jetzige Fas-
sung hat er durch die Beschlußfassung der Ständeversammlung er-
halten ). Für die Auslegung der Vorschrift ist in erster Linie ihr
Wortlaut maßgebend, und dieser Wortlaut sowohl in der Fassung
der Verfassungsproposition als in der jetzigen Fassung spricht dafür,
daß dem König eine Verpflichtung auferlegt, nicht aber die Thron-
folge an eine weitere Bedingung geknüpft werden wollte. Für diese
Auslegung läßt sich auch geltend machen, daß der Vorschrift eine
selbständige Stellung eingeräumt worden ist, so daß sie ihren Platz
nicht unter den Voraussetzungen der Thronfolgefähigkeit (8 8) ge-
funden hat. Dabei soll aber nicht verkannt werden, daß einzelne
Mitglieder der Ständeversammlung nach ihren Aeußerungen in der
Sitzung vom 7. Sept. 1819 die Vorschrift als eine Bedingung auf-
gefaßt haben mögen.
3. Verlangt wird nur das Bekennutnis zu einerchrist-
lichen Kirche, mag diese eine der drei in der Verfassungsurkunde
8§ 27 und 70 bevorzugten christlichen Kirchen oder eine außerdeutsche
christliche Kirche, die griechisch-unierte oder die anglikanische Kirche
sein; auch die Zugehörigkeit zu einer engeren Verbindung innerhalb
einer christlichen Kirche (Herrnhuter, Altkatholiken) würde dem 8 5
nicht widersprechen. Ausreichend ist die äußere Tatsache der Zu-
gehörigkeit zu einer christlichen Kirche, nicht gefordert wird die Teil-
nahme an den Einrichtungen einer Kirche; die Exkommunikation
eines der römisch-katholischen Kirche angehörigen Thronfolgers wäre
ohne Belang.
1) Vgl. Fricker, Verfassungsurkunde S. 161.
2:) Vgl. Fricker a. a. O. S. 217 f., 476, 481.