270 Verfassungsurkunde. § 129.
Bundesakte diejenigen Familien, deren Häupter bis zum Jahre
1806 im Besitz der Landeshoheit und eines mit Sitz und Stimme
auf dem Reichstag verbundenen Landes waren, ihre Landeshoheit
aber seit dem Jahre 1806 verloren haben; die sämtlichen Ange-
hörigen dieser Familien gehören zum hohen Adel. In Würt-
temberg waren bei der Auflösung des Reichs 37 derartige Stan-
desherrschaften vorhanden, die ihren seitherigen Landesherrn ver-
loren und unter die Landeshoheit des Königs kamen. Obwohl die
rheinische Bundesakte vom 12. Juli 1806 Art. 27 ff. den ehemaligen
Reichsfürsten und Reichsgrafen einen bevorzugten Rechtszustand
insbesondere die Belassung ihrer Domänen und aller Herrschafts-
und Feudalrechte, die nicht wesentlich zur Souveränetät gehören,
zugesichert hatte, hob König Friedrich in rücksichtslosem Vorgehen
die meisten Vorrechte auf, so daß der hohe Adel vor den übrigen
Untertanen nur noch den Adelstitel, einige Ehrenvorzüge und den
privilegierten Gerichtsstand voraus hatte. Zum Schutze gegen eine
derartige Landesgesetzgebung war der Art. 14 der Bundesakte in
Verbindung mit Art. 63 der Wiener Schlußakte bestimmt. Unter
Beachtung dieser Vorschriften suchte zunächst König Friedrich mit
dem der Verfassung von 1817 angeschlossenen Adelsstatut die
Rechtsverhältnisse der Standesherren einheitlich zu regeln. Nach-
dem dieser Versuch gescheitert war, betrat König Wilhelm den Weg
der Verständigung mit den einzelnen standesherrlichen Häusern:
die Deklaration vom 8. August 1819 stellte die staatsrechtlichen Ver-
hältnisse des fürstlichen Hauses von Thurn und Taxis fest (Rol.
S. 505); es folgte die Deklaration vom 25. August 1819 für das
gräfliche Haus Waldeck (Rbl. S. 525); mit der Deklaration vom
22. Septbr. 1819 (Rbl. S. 600) wurde den übrigen Standesherren
zunächst ein den Grundsätzen der beiden ersten Deklarationen ent-
sprechender Zustand zugesichert, und dann in der Folge über die
Rechtsverhältnisse einzelner Familien Vereinbarungen getroffen, die
als königliche Deklarationen im Verordnungswege veröffentlicht
wurden 1). Mit der Einführung der Grundrechte vom 27. Dezbr.
1) Vgl. im einzelnen Gaupp-Göz S. 51 Note 2; Mohl,
Staatsrecht Bd. 1 S. 455—495; Sarwey, Staatsrecht Bd. 1
S. 308—322; Bitzer, Regierung und Stände S. 130— 135.