Verfassungsurkunde. § 10—11. 25
schuldig sein, „den Regenten einzulassen oder ihm Gehorsam zu
leisten“; mit der Grundlage des Vertragsverhältnisses sind die sich
daraus ergebenden Folgerungen weggefallen; die feierliche Versiche-
rung des 8§ 10 bildet nicht eine rechtliche Voraussetzung für den
Erwerb der Krone oder für die Berechtigung der Ausübung der
Regierungsgewalt, sondern nur eine verfassungsmäßige Verpflichtung
des Königs, die gleicherweise nach § 14 dem Reichsverweser obliegt.
Auf der anderen Seite ist auch die Pflicht zum Gehorsam gegen die
Staatsgewalt nicht durch die Leistung des Huldigungs-
eids bedingt. Dieser ist nach § 20 von jedem geborenen Württem-
berger nach zurückgelegtem 16. Jahre und von jedem neu Aufge-
nommenen bei der Aufnahme abzulegen, und wird vom Oberamt
bei den durch die Ministerialverfügung vom 19. Januar 1892 (Rol.
S. 8) geregelten periodischen Gemeindevisitationen abgenommen.
2. Die feierliche Urkunde wird entweder den Ständen, die gemäß
§ 127 Abs. 2 bei jeder Regierungsveränderung innerhalb der ersten
vier Wochen zu versammeln sind, oder dem ständischen Ausschuß
übergeben. Bei den Regierungswechseln in den Jahren 1864 und
1891 erfolgte die Uebergabe an den ständischen Ausschuß sofort nach
dem Regierungsantritt und vor Erlassung des darauf bezüglichen
Manifestes, in dem auf diese Uebergabe hingewiesen wird!½.
§ u. Reichsverwesung 2).
Ist der König minderjährig, oder aus einer andern Ur-
sache an der eigenen Ausübung der Regierung verhindert,
so tritt eine Reichsverwesung ein.
1. Ist der König aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
vollständig und für längere Zeit an der Ausübung der Staatsge-
walt verhindert, so tritt über die Dauer der Verhinderung eine
1) Vgl. Manifest vom 26. Juni 1864 (Rbl. S. 87) und vom
6. Oktober 1891 (Rbl. S. 265).
) Vgl. Fricker, Thronunfähigkeit und Reichsverwesung in
der Tübinger Zeitschrift für Staatswissenschaften 1875 S. 199 ff.;
Mohl. Bd. 1 S. 287 ff.; Sarwey d. 1 S. 60 ff.; Gaupp-
Göz S. 60 ff.