Verfassungsurkunde. § 11—12. 27
b) Die Wahl des Vertreters steht im freien Ermessen des Kö-
nigs; in früherer Zeit wurde der Ministerrat, zuweilen mit Bei-
ziehung des Geheimeratspräsidenten, später das Staatsministerium
teils allein, teils unter dem Vorsitz des Thronfolgers, zuweilen auch
der Thronfolger allein mit der Vertretung beauftragt.
c) Die Befugnisse des Vertreters bestimmen sich nach der ihm
erteilten Vollmacht; keinenfalls können die dem Reichsverweser vor-
enthaltenen Rechte (§ 15 Vl.) einem Stellvertreter übertragen wer-
den, auch die Episkopalrechte in der evangelischen Landeskirche
können nur durch einen dieser Kirche zugehörigen Vertreter ausge-
übt werden.
d) Die von dem Vertreter innerhalb seiner Vollmacht vorge-
nommenen Regierungshandlungen haben dieselbe rechtliche Wirkung,
wie wenn sie vom König selbst vorgenommen worden wären.
S§ u. aQ) Ordentliche Reichsverwezung.
In beiden Fällen wird die Reichsverwesung von dem der
Erbfolge nach nächsten Agnaten geführt Sollte kein dazu
fähiger Agnat vorhanden sein, so fällt die Regentschaft an
die Mutter, und nach dieser an die Großmutter des Königs
von väterlicher Seite.
1. Die VU. bestimmt für alle Fälle der Reichsverwesung die
Person des Reichsverwesers und schließt damit eine Anordnung des
Königs insbesondere auch durch letztwillige Verfügung aus.
2. Der berufene Agnat muß erbfolge= und regierungsfähig, ins-
besondere volljährig sein; erlangt nachträglich ein näher berechtigter
Agnat die Befähigung, so tritt ein Wechsel in der Person des Reichs-
verwesers ein. .
3. Ist eine verfassungsmäßig zur Reichsverwesung berufene
Person nicht vorhanden, so besteht eine Lücke, deren rechtzeitige
Ausfüllung Aufgabe der Gesetzgebung ist.
vember 1883 und vom 17. Januar 1905 ist bemerkt, daß Gegen-
stände von größerer Wichtigkeit dem Könige nachgesandt, die übri-
gen aber von dem Stellvertreter erledigt werden.