Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

330 Verfassungsurkunde. § 172. 
Den Ständen bleibt unbenommen, auch im Wege der Petition 
auf neue Gesetze sowohl als auf Abänderung oder Aufhebung der 
bestehenden anzutragen. 
3. Im jetzigen Abs. 4 beruht das Zitat § 179 Abs. 1 auf einem 
Versehen, es muß lauten § 179 Satz 1. 
4. Der Begriff des Gesetzes im Unterschied zur Verordnung ist 
bei § 88 (S. 153) erörtert; § 172 enthält die grundlegenden Be- 
stimmungen über die Förmlichkeiten des Gesetzgebungs- 
wegs. Notwendig ist für das gültige Zustandekommen eines Ge- 
setzes die Uebereinstimmung der drei gesetzgebenden Faktoren — 
König, Erste Kammer, Zweite Kammer — bezüglich des Inhalts 
des Gesetzes und die ordnungsmäßige Verkündigung; im Gesetzge- 
bungsweg lassen sich hiernach vier Stadien unterscheiden, der Ge- 
setzesvorschlag, die Beratung des Vorschlags in der Ständever- 
sammlung, die Sanktion und die Verkündigung des Gesetzes. 
a) Gesetzesvorschlag. Die Verfassungsurkunde hatte das 
Recht des Gesetzesvorschlags dem König vorbehalten, das Verfas- 
sungsgesetz von 1874 räumt dieses Recht grundsätzlich auch jeder 
der beiden Kammern ein; ausgenommen sind nur die in Abs. 2 be- 
zeichneten Gesetzesentwürfe aus dem Gebiet des Finanzwesens (ogl. 
S. 214). Zu diesen Gesetzesentwürfen gehören auch die Ansinnen 
von Abgabenverwilligungen, die nach § 178 zuerst der Zweiten Kam- 
mer vorzulegen sind und einer mit Vorrechten der Zweiten Kammer 
verbundenen Beschlußfassung unterliegen (§ 181). Der Kreis der in 
Abs. 2 bezeichneten Gesetzesentwürfe reicht erheblich weiter als der 
Begriff der Abgabenverwilligungen (vgl. hierüber S. 206 u. Vu. 8 181). 
Für die in den weiteren Kreis fallenden Gesetzesvorschläge kommen 
die Regelvorschriften mit Gleichberechtigung der beiden Kammern zur 
Geltung. 
Soweit Gesetzesvorschläge vom König ausgehen, werden sie in 
der Regel in dem nächstbeteiligten Ministerium entworfen; ver- 
fassungsmäßig vorgeschrieben ist eine Vorberatung sowohl durch das 
Staatsministerium, dem sie durch das Ressortministerium vorgelegt 
werden, als durch den Geheimerat, dem sie vom Staatsministerium 
überwiesen werden (Verfassungsgesetz vom 1. Juli 1876 Art. 6 u. 7, 
S. 98 ff.). Mit dem Gutachten des Geheimen Rats und des Staats-
	        
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