Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde. 8 181. 347 
versammlung wurde gemäß Protokoll vom 18. September 1819 
von standesherrlicher Seite unter Bezugnahme auf den § 298 des 
K. Entwurfs für die Erste Kammer die Gleichberechtigung bezüg- 
lich der Steuerverwilligung in Anspruch genommen und insbeson- 
dere für den Fall des Durchzählens der Stimmen darauf hinge- 
wiesen, daß bei der großen Anzahl der Mitglieder der Zweiten 
Kammer die Erste immer werde überstimmt werden, worauf von 
dem Vizekanzler v. Autenrieth bemerkt wurde: Rechne man, daß 
in der Ersten Kammer 48 Stimmen seien und in der Zweiten 13 
Mitglieder des ritterschaftlichen Adels die Rechte des Adels wahren, 
so glaube er, daß keine großen Bedenklichkeiten für die Standes- 
herren vorliegen . 
Bei einer durchgreifenden Aenderung der Zusammensetzung bei- 
der Kammern wurde daher eine Abschwächung der ursprünglichen 
Budgetvorrechte der Zweiten Kammer für angemessen und billig 
erachtet; über das Maß dieser Abschwächung gingen die Ansichten 
in den beiden Kammern zunächst weit auseinander, schließlich ge- 
lang es aber der Regierung, auf der in Anm. 1 bezeichneten Grund- 
lage eine Verständigung zu erzielen. 
3. Von Anfang an hatten die Vorschriften des § 181 VU. und 
deren mit manchen Schwierigkeiten verknüpfte Auslegung und An- 
wendung zu Differenzen und Reibungen zwischen den beiden Kammern 
geführt. Die Differenzen bewegten sich hauptsächlich in drei Rich- 
tungen: 
a) Streitig war, ob sich die Vorrechte der Zweiten Kammer 
auf die gesamte innerlich zusammenhängende Tätigkeit bei Feststel- 
lung des Etats, einschließlich der Genehmigung des Staatsbedarfs 
und der Einnahmen aus dem Kammergut, also auch auf die sämt- 
lichen Voraussetzungen einer Abgabenverwilligung erstrecken, oder 
ob sie sich auf den speziellen Akt der Abgabenverwilligung beschränken 
und in allen übrigen Punkten, insbesondere hinsichtlich der Erforder- 
nisse der Abgabenverwilligung die Gleichberechtigung der beiden Kam- 
mern Platz greife. Letzterem Standpunkt vermochte die Erste Kammer 
nicht Anerkennung zu verschaffen 2); in der Praxis kam mehr und 
) Vgl. Fricker a. a. O. S. 130, 196, 449—454. 
2) Der Standpunkt hat seinen klarsten Ausdruck und zeine aus-
	        
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