Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

350 Verfassungsurkunde. 8 181. 
kommensteuer die Bestimmung in Art. 19 Abs. 2 des Einkommen- 
steuergesetzes vom 8. August 1903 in Kraft bleibt 7. 
4. Die Vorrechte der Zweiten Kammer betreffen sowohl die 
Beschlußfassung über die einzelnen Einnahme- und Ausgabetitel des 
Etats als die Beschlußfassung über den Etat im Ganzen: 
a) Ergeben sich bei der Beschlußfassung über die einzelnen 
Titel des Etats Meinungsverschiedenheiten zwischen der Ersten und 
Zweiten Kammer, so ist der bei der zweiten Beratung von der 
Zweiten Kammer mit der regelrechten Mehrheit gefaßte Beschluß 
maßgebend (Abs. 1 Ziff. 2). 
b) Die Zweite Kammer ist — unbeschadet der in § 124 einge- 
schärften Verpflichtung zur Verwilligung der notwendigen Steuern 
— formal befugt, den Etat im ganzen abzulehnen; hiebei hat es 
dann sein Bewenden, ohne daß der Ersten Kammer eine Abstim- 
mung über den Etat im ganzen zusteht (Abs. 2 Ziff. 2 u. 3). 
c) Wird der Etat im ganzen von der Zweiten Kammer ange- 
nommen und dann von der Ersten Kammer abgelehnt, so werden 
die bejahenden und die verneinenden Stimmen beider Kammern 
zusammengezählt und wird der Ständebeschluß nach der Mehrheit 
sämtlicher Stimmen abgefaßt (Abs. 1 Ziff. 3). 
5. Im Zusammenhang mit der Neuregelung der Vorrechte der 
Zweiten Kammer bei der Etatsfeststellung hat behufs Erleichterung 
der Verabschiedung des Etats der Grundsatz des § 109 Vl., daß 
Steuern nicht ohne Verwilligung der Stände erhoben werden kön- 
nen, in Ansehung der durch die ordentliche Gesetzgebung mit festen 
Sätzen ausgestatteten Steuern eine Modifkkation erlitten, die sich 
jedoch auf das Stadium der Beratung der einzelnen Etatstitel be- 
schränkt. Wenn hier ein übereinstimmender Beschluß beider Kam- 
mern über die Ablehnung einer solchen Steuer oder über die Er- 
mäßigung ihres Steuersatzes nicht zustande kommt, sind die ge- 
nannten Steuern zunächst in ihren fest bestimmten Sätzen in den 
Etat einzustellen, vorbehältlich der verfassungsmäßigen Endabstim- 
mung über den ganzen Etat. Wird dabei der Etat im ganzen ab- 
gelehnt, so entfällt auch die Ermächtigung zur weiteren Erhebung 
1) Vgl. Gaupp-Göz S. 204. 
 
	        
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