380 Verfassungsurkunde. § 195.
sung mit oder ohne Pension sollte erkannt werden können. Der
Entwurf wurde jedoch von der Kammer der Standesherren abge-
lehnt 7.
Mit Recht wird der Einrichtung des Staatsgerichtshofs eine
präventive Wirkung beigemessen: sein Bestand, die Möglichkeit sei-
ner Anrufung ist geeignet, Verfassungsverletzungen vorzubeugen,
bei den seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen das Pflicht-
bewußtsein und Verantwortlichkeitsgefühl zu steigern.
Zu einer Entscheidung war der Staatsgerichtshof nur einmal
berufen, als im Jahre 1850 von der zweiten verfassungberatenden
Landesversammlung die Entfernung des provisorischen Chefs des
Departements der auswärtigen Angelegenheiten Freiherrn von
Wächter-Spittler wegen Verletzung des § 85 Vl., begangen durch
Unterzeichnung des Beitritts der württembergischen Regierung zu
dem Wiener Vertrag vom 30. September 1849 über Errichtung
einer neuen provisorischen Zentralgewalt des deutschen Bundes und
zu der Münchener Uebereinkunft vom 27. Februar 1850 über Grund-
züge für eine neue deutsche Verfassung verlangt wurde; das Ver-
fahren endete in der Sitzung vom 9. September 1850 mit dem Ur-
teil, daß die erhobene Klage als unbegründet verworfen sein solle).
§ 198. Bestimmung des Staats-Gerichts-Hotes.
Gum gerichtlichen Schutze der Derfassung wird ein Staats-
gerichtshof errichtet. Diese Behörde erkennt über Unter-
nehmungen, welche auf den Umsturz der Derfassung gerichtet
sind, und über Derletzung einzelner Hunkte der Derfassung.
1. Im § 195 Vl. wird die sachliche Zuständigkeit des
Staatsgerichtshofs begrenzt; sie erstreckt sich ausschließlich:
1) Vgl. Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten von
1875/6, Beil Bd. 1, 2. Abtlg. S. 380, 712, Prot. S. 1844 ff.; Ver-
handlungen der Kammer der Standesherren von 1875/6, Beil d.
S. 298, Prot Bd. 1 S. 472.
2) Vgl. Verhandlungen des Staatsgerichtshofs des Königreichs
Württemberg in betreff der Anklage der 2. außerordentlichen Lan-
desversammlung gegen den Staatsrat Freiherrn von Wächter-
Spittler wegen Verfassungsverletzung, Stuttgart 1850.