Verfassungsurkunde. § 199. 385
nicht angeklagt werden, außer wegen Uebertretung der § 55
enthaltenen Vorschrife
Anklage und Derteidigung geschieht öffentlich. Die Hro-
tokolle werden mit den Abstimmungen und Beschlüssen durch
den Druck bekannt gemacht.
1. Der § 199 bestimmt den Umfang der Zuständigkeit
des Staatsgerichtshofs in Ansehung der seiner
Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen: in Be-
tracht kommen lediglich auf der einen Seite die Staatsbeam-
ten, namentlich Minister und Departementschefs, auf der anderen
Seite die Mitglieder und höheren Beamten der Stän-
deversammlung. Der Gerichtshof ist zuständig:
a) für Anklagen der Regierung (ogl. § 198 Abs. 1)
gegen einzelne Mitglieder der Ständeversamm-
lung, auch soweit sie als Mitglieder des Ständischen Ausschusses
tätig sind; da jedoch die Ständemitglieder nach § 185 Vl. wegen
ihrer Abstimmungen und beruflichen Aeußerungen, also für den
wichtigsten Teil ihrer beruflichen Tätigkeit jeder Verantwortung
entzogen sind, und ihre Privathandlungen im Falle eines Verstoßes
gegen das Strafgesetz ausschließlich der Zuständigkeit der ordent-
lichen Gerichte anheimfallen, bleibt für die Möglichkeit einer An-
klage vor dem Staatsgerichtshof ein kleines Gebiet übrig 7.
b) Für Anklagen der Stände, die von jeder Kammer
für sich beschlossen werden können (§ 198 Abs. 1) gegen Minister
und Departementschefs, gegen einzelne Mitglieder
und höhere Beamte der Ständeversammlung, ge-
gen sonstige Staatsbeamte, soferne sie unter eigener Ver-
antwortlichkeit (vgl. § 53 VlU. und S. 88 ff.) sich einer Verfassungs-
verletzung schuldig gemacht haben. Bezüglich der Staatsbeamten
und der Beamten der Ständeversammlung kann, nachdem das Be-
amtengesetz eingehende und ausreichende disziplinäre Vorschriften
aufgestellt hat, von einem Bedürfnis einer Aburteilung durch den
Staatsgerichtshof nicht mehr die Rede sein. Die allgemeine Ver-
antwortlichkeit der Minister, wie sie sich aus den 88§ 51 und 52 Vl.
1) Vgl. Mohl, Staatsrecht Bd. 1 S. 781 ff.
Göz, Verfassungsurkunde. 25