Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

40 Verfassungsurkunde. 8 21. 
stellt werden; der Grundsatz selbst ist mit der Gesetzgebung von 1849 
im weiteren Umfang verwirklicht worden. Der Art. 3 der Reichs- 
verfassung hat die Gleichheit der Rechte und Pflichten im wesent- 
lichen auf alle deutschen Reichsangehörigen ausgedehnt; das ihnen 
gemeinsame Indigenat hat die Wirkung, daß der Angehörige eines 
jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaate als Inländer 
zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbe- 
betrieb, zu öffentlichen Aemtern, zur Erwerbung von Grundstücken, 
zur Erlangung des Staatsbürgerrechts und zum Genusse aller son- 
stigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen, wie der 
Einheimische, zuzulassen, auch in betreff der Rechtsverfolgung und 
des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist. 
2. Die Verfassung selbst enthält besondere Vorrechte 
für die Mitglieder des K. Hauses (ogl. § 18), für die 
Standesherren (§ 129 Ziff. 2) und für den ritterschaft- 
lichen Adel (8§§ 39 ff.). Die Aufnahme des Grundsatzes der 
Gleichheit der Rechte und Pflichten in die Verfassungsurkunde hat 
die praktische Folge, daß eine Abweichung von diesem Grundsatze 
nur unter Einhaltung der Förmlichkeiten der Verfassungsänderung 
durchgeführt werden kann. Dabei ist aber unter Gleichheit nicht 
die absolute zahlenmäßige Gleichheit zu verstehen; ein Steuergesetz 
z. B., das die Leistungen nach dem Maßstab der Leistungsfähigkeit 
abstuft, verletzt damit den verfassungsmäßigen Grundsatz der Gleich- 
heit nicht. Auf dem wichtigen Gebiete der Wehrpflicht und der öf- 
fentlichen Abgaben ist der Grundsatz der Gleichheit der Pflichten 
durch die Reichs= und Landesgesetzgebung nahezu vollständig ver- 
wirklicht. 
3. Verfassungsmäßiger Gehorsam. Jeder Deutsche 
ist verpflichtet, den Geboten und Verboten der Reichs= und Landes- 
staatsgewalt, die in gesetzlicher Weise innerhalb der Zuständigkeit 
erlassen werden, Gehorsam zu leisten. Diese Gehorsamspflicht, die 
sich auch auf Ausländer während ihres Aufenthalts im Lande er- 
streckt, wird durch die Vorschriften der Strafgesetze über die Be- 
dingungen des gesetzlich erlaubten Widerstands (58 110—122 St G.) 
begrenzt. Gehorsam ist hiernach zu leisten, wenn das den Staat 
vertretende Organ in rechtmäßiger Ausübung seines Amtes sich be-
	        
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