Verfassungsurkunde. § 21—22. 41
findet. Ob dies zutrifft ist eine Tatfrage; entscheidend aber ist die
objektive Gesetzmäßigkeit, die subjektive Ueberzeugung des Staats-
bürgers von der Gesetzwidrigkeit einer Vorschrift ) berechtigt nicht
zum Widerstand. Eine Erweiterung der Gehorsamspflicht über das
St GB. hinaus schließt das württembergische Polizeigesetz vom 12. Au-
gust 1879 Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. III des Gesetzes
vom 4. Juli 1898 in sich. Hiernach kann ein strafbarer Ungehorsam
auch dann vorliegen, wenn er sich gegen eine von einer Behörde
innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffene, ordnungsmäßig eröffnete
Anordnung richtet; zur Abrügung zuständig sind die mit Strafbe-
fugnis versehenen Behörden, denen gegenüber der Ungehorsam ver-
übt worden ist; fehlt diesen Behörden die Strafbefugnis, so tritt
an ihre Stelle, wenn es sich um eine staatliche Behörde handelt,
das Oberamt, außerdem die Ortsbehörde. Wenn des weiteren durch
Art. 2 Abs. 2 des genannten Polizeigesetzes vom 12. August 1879
den Polizeibehörden die Befugnis eingeräumt ist, die innerhalb ihrer
Zuständigkeit getroffenen und ordnungsmäßig eröffneten Anord-
nungen durch Anwendung sonstiger gesetzlicher Zwangsmittel zur
Ausführung zu bringen, so bestimmt sich solchen Anordnungen ge-
genüber die Pflicht zum Gehorsam oder das Recht zum Widerstand
gleichfalls nach § 113 St G.#.
§ 22. Insbesondere in Hbsicht auf die Befähigung zum
Staatsdienste.
Kein Staatsbürger kann wegen seiner Geburt von irgend
einem Staatsamte ausgeschlossen werden.
1. Die württembergischen Staatsämter stehen, sofern die Voraus-
setzungen ihrer Erlangung erfüllt sind, nach § 22 Vl. jedem Würt-
temberger und nach Art. 3 Abs. 1 der Reichsverfassung jedem
Deutschen gleichmäßig offen, ohne daß jedoch ein Anspruch auf die
Uebertragung eines Staatsamts für den Einzelnen bestünde (ogl.
§ 44 Vl.).
1) Das Nähere gehört in das Strafrecht (vgl. Vl. 8S 53).
:) Vgl. Gaupp-Göz S. 31 u. 32; Göz, Verwaltungsrechts-
pflege S. 190.