42 Verfassungsurkunde. § 23.
§ 23. In Absicht auf die Verpflichtung zum Wafendienste und
das Recht, Waffen zu tragen.
Die Verpflichtung zur Verteidigung des Vaterlandes und
die Verbindlichkeit zum Waffendienste ist allgemein; es finden
in letzterer Hinsicht keine andere, als die durch die Bun-
desakte und die bestehenden Gesetze begründeten Ausnah-
men statt.
Ueber das Recht, Waffen zu tragen, wird ein Gesetz die
nähere Bestimmung geben.
1. Nach den älteren württembergischen Gesetzen bestand eine
militärische Dienstpflicht nur in Kriegs= und Notfällen, und auch
dann nur mit Bewilligung der Stände und auf Kriegsdauer; im
Frieden konnte das stehende Heer nur durch freiwillige Werbung
ergänzt werden. Jeder häuslich angesessene Bürger war verpflichtet,
eine vollständige Waffenrüstung zu besitzen, die unter keinen Um-
ständen veräußert werden durfte und in deren Gebrauch regelmä-
ßhige Uebungen stattfinden sollten. Zur Rheinbundszeit wurde eine
allgemeine Entwaffnung angeordnet und die Aushebung schonungs-
los durchgeführt. Diesem Zustand gegenüber stellt der § 23 in
Abs. 1 den Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht auf und verheißt
in Abs. 2 ein Gesetz über das Recht zum Waffentragen.
2. Die allgemeine Wehrpflicht, mit der das noch in
den Rekrutierungsgesetzen vom 10. Febr. 1828 und vom 22. Mai 1843
zugelassene Recht der Stellvertretung sich nicht verträgt, ist erst in
dem infolge der Bündnisverträge von 1866 erlassenen Gesetz vom
12. März 1868 durchgeführt. Jetzt ist an die Stelle des § 23 Abs. 1
und der von der Militärverfassung handelnden §8 99 und 100 Vl.
die Reichsgesetzgebung mit der Militärkonvention vom 21./25. Nopbr.
18701) getreten. Maßgebend sind insbesondere das Reichsgesetz über
die Verpflichtung zum Kriegsdienst vom 9. Novbr. 1867 mit seinen
Novellen, das Reichsmilitärgesetz vom 9. Mai 1874 mit zahlreichen
Ergänzungen und Aenderungen, das Gesetz über den Landsturm
vom 12. Febr. 1875 und das Kontrollgesetz vom 15. Febr. 1875. Die
Abgedruckt im Anhang als Beil. 10.