Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde § 27. 45 
§ 27. b) Gewissenskreihelt; Rechte der verschiedenen Glaubens- 
genossen. 
Zeder, ohne Unterschied der Religion, genießt im König- 
reiche ungestörte Gewissensfreiheit. 
Den vollen Genuss der staatsbürgerlichen Rechte gewäh- 
ren die drei christlichen Glaubensbekenntnisse. Andere christ- 
liche und nichtchristliche Glaubensgenossen können zur Teil- 
nahme an den bürgerlichen Rechten nur in dem Verhältnisse 
zugelassen werden, als sie durch die Grundsätze ihrer Keli- 
gion an der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten nicht ge- 
hindert werden. 
1. Mit der altwürttembergischen Verfassung kam auch der Grund- 
satz der ausschließlichen Herrschaft der evangelischen Landeskirche in 
Wegfall; in den Religionsedikten vom 14. Februar 1803 und vom 
15. Oktober 1806 wurden die Angehörigen der drei im alten deut- 
schen Reich anerkannten christlichen Kirchen in ihren bürgerlichen 
und politischen Rechten gleichgestellt. Diesen Rechtszustand bestä- 
tigte im wesentlichen die Verfassungsurkunde in § 27 und beschränkte 
demgemäß auch das aktive und passive Wahlrecht zur Ständekammer 
auf die Angehörigen dieser drei christlichen Kirchen (8 135 Ziff. 1 
und §146). Erst das im Zusammenhang mit der katholischen Kirchen- 
frage erlassene Verfassungsgesetz vom 31. Dezember 1861 sprach die 
Unabhängigkeit der staatsbürgerlichen Rechte vom religiösen Bekennt- 
nis aus und verfügte in seinem einzigen Artikel: 
„An die Stelle des zweiten Absatzes des § 27 der Verfassungs- 
urkunde tritt folgende Bestimmung: 
Die staatsbürgerlichen Rechte sind unabhängig von dem reli- 
giösen Bekenntnisse. In dem § 135 der Verfassungsurkunde fallen 
die Worte „„einem der drei christlichen Glaubensbekenntnisse an- 
gehören und““ weg.“ 
Ein weiteres Gesetz vom 13. August 1864 wandte diesen Grund- 
satz auf die bürgerlichen Verhältnisse der „im Königreich einheimi- 
schen Israeliten“ an ). Das Reichsgesetz vom 3. Juli 1869 sodann 
1) Ueber die Organisation der „israelitischen Kirche“ 
in Württemberg vgl. Gaupp-Göz S. 423 f. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.