508 Anhang. Reichsverfassung.
kann seine Stelle in demselben nur durch neue Wahl wieder er—
langen.
Art. 22.
Die Verhandlungen des Reichstages sind öffentlich.
Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffent—
lichen Sitzungen des Reichstages bleiben von jeder Verantwort—
lichkeit frei.
Art. 23.
Der Reichstag hat das Recht, innerhalb der Kompetenz
des Reichs Gesetze vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen
dem Bundesrate, resp. Reichskanzler zu überweisen.
Art. 24.
Die Legislaturperiode des Reichstags dauert fünf Jahre.
Zur Auflösung des Reichstages während derselben ist ein Be—
schluß des Bundesrates unter Zustimmung des Kaisers erforder-
lich 1).
Art. 25.
Im Falle der Auflösung des Reichstags müssen innerhalb
eines Zeitraumes von 60 Tagen nach derselben die Wähler und
innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung
der Reichstag versammelt werden.
Art. 26.
Ohne Zustimmung des Reichstages darf die Vertagung des-
selben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während
derselben Session nicht wiederholt werden.
Art. 27.
Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und
entscheidet darüber. Er regelt seinen Geschäftsgang und seine
Disziplin durch eine Geschäftsordnung und erwählt seinen Prä-
sidenten, seine Vizepräsidenten und Schriftführer.
Art. 28.
Der Reichstag beschließt nach absoluter Stimmenmehrheit.
Zur Gültigkeit der Beschlußfassung ist die Anwesenheit der
Mehrheit der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder erforderlich.
1) Durch Reichsgesetz vom 19. März 1888 ist die Legislatur=
periode von drei auf fünf Jahre verlängert worden.