Verfassungsurkunde. § 32—33. 55
den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870, in Württemberg seit
1. Januar 1873 in Geltung, gewährleistet; aus den verschiedensten
Gründen, vornehmlich zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit sind
einzelne Einschränkungen vorgesehen #.
3. Das Auswanderungswesen unterliegt den Vorschrif-
ten des Reichsgesetzes vom 9. Juni 1897, zu dem in Württemberg
die Vollzugsverfügung vom 8. März 1898 (Rbl. S. 51) und der
Ministerialerlaß vom 8. März 1898 (Abl. S. 89) ergangen sind:
Auswanderungsunternehmer und Auswanderungsagenten bedürfen
der Erlaubnis zum Gewerbebetrieb; zuständig ist für erstere der
Reichskanzler unter Zustimmung des Bundesrats, für letztere in
Württemberg die Kreisregierung. Die Erlaubnis ist nach den nähe-
ren Bestimmungen der §§ 10 u. 18 des Reichsgesetzes jederzeit be-
schränkbar und widerruflich ?.
§ 33. Rechtliche Folgen der Muswanderung:
Durch den Wegzug verliert der Auswandernde sein Staats-
bürgerrecht für sich und seine mit ihm wegziehenden Kinder.
Das Vermögen derjenigen Kinder, welche nicht mit den
Eltern auswandern, wird im Lande zurückbehalten.
1. Abs. 1 hat seine Gültigkeit durch die Reichsgesetzgebung ver-
loren; der Verlust des Staatsbürgerrechts und die Folgen, die der
Wegzug für dasselbe haben, bestimmen sich jetzt nach §8 13 ff. des
Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870 (vgl. § 19).
2. Wandern Eltern unter Zurücklassung minderjähriger Kinder
aus, so sind für die Beantwortung der privatrechtlichen Frage,
welche Folgen eine solche Auswanderung für die elterliche Gewalt
hat und ob den auswandernden Eltern ein Anspruch auf Ausfolge
des in ihrer Nutznießung stehenden Vermögens der Kinder zukommt,
ausschließlich die Vorschriften des BGB. (88 1626 ff.) und die nach
diesen Vorschriften ergehenden Anordnungen des zuständigen Vor-
mundschaftsgerichts maßgebend; es hat denn auch das AussGes.
1) Vgl. hierüber Göz a. a. O. S. 172—194, Gaupp-Göz
S. 34—36.
2) Vgl. Göz a. a. O. S. 208.