Verfassungsurkunde. § 47. 81
amten der Gemeinden, Stiftungen und sonstigen unter der Aufsicht
des Ministeriums des Innern stehenden öffentlichen Körperschaften
außer Wirksamkeit gesetzt (Art. 70).
Außerdem können die auf Lebenszeit oder auf einen fest be-
stimmten Zeitraum angestellten Körperschaftsbeamten auf Grund
des Gesetzes vom 25. Juni 1894, betr. die Amtsenthebung dienst-
unfähiger Körperschaftsbeamten, ohne ihre Zustimmung ihres Amtes
enthoben werden, wenn sie wegen eines körperlichen Gebrechens oder
wegen Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte dienstunfähig
geworden sind, oder wenn sie durch Krankheit länger als ein Jahr
von Versehung ihres Amtes abgehalten waren 7).
d) Gegenüber der katholischen Kirche hat die Staatsgewalt in
dem Gesetz vom 30. Januar 1862, betr. die Regelung des Verhält-
nisses der Staatsgewalt zur katholischen Kirche, auf jede Mitwirkung
bei der Ausübung der kirchlichen Disziplinargewalt verzichtet: nach
Art. 5 Abs. 1 dieses Gesetzes finden die §§ 47 und 48 Vl. auf
katholische Kirchendiener bei Verfehlungen, welche die-
selben sich hinsichtlich ihres Wandels oder der Führung ihres kirch-
lichen Amts zu schulden kommen lassen, fernerhin keine Anwendung;
dagegen ist die Staatsbehörde befugt, einem Geistlichen wegen Un-
brauchbarkeit oder Dienstverfehlungen die ihm vermöge Gesetzes oder
besonderen Auftrags übertragenen staatlichen Geschäfte (z. B. die
Schulaufsicht) abzunehmen und einem Stellvertreter zu übertragen
(Art. 5 Abs. 3)2).
e) Das Disziplinarverfahren gegen evangelische Geist-
liche ist jetzt durch das staatliche Gesetz vom 18. Juli 1895 in Ver-
bindung mit dem kirchlichen Gesetz von demselben Tage (Rbl. S. 235)
und mit dem weiteren kirchlichen Gesetz vom 21. Januar 1901 (Abl.
Bd. 12 S. 191 und 193) in der Weise geordnet, daß die Verhängung
der Disziplinarstrafen ausschließlich kirchlichen Behörden zugewiesen
ist, insbesondere die Zurücksetzung, die Amtsenthebung und die Ent-
lassung nur von dem kirchlichen Disziplinargericht im förmlichen
1) Vgl. im einzelnen Gaupp-Göz S. 170—173; und für die
Zukunft den 8. und 9. Abschnitt der Gemeindeordnung, sowie den
2. Abschnitt Nr III der Bezirksordnung.
2:) Vgl. Gaupp-Göz S. 419.
Göz, Verfassungsurkunde. 6