Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1823. (14)

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Sohn Gottes habe wirklich uns jene allgemeine und ruͤcksichtslose Liebe gepredigt, 
an deren Stelle sie nur Haß und Verfolgung gewahr wurden? 
Durch Gottes Gnade hat dieser Geist anjetzt Gesinnungen Platz gemacht, 
die auf alle Weise ein Werk begünstigen, das unsere Bäter mit keiner Wahrschein- 
lichkeit des Erfolgs härten untemehmen können. Wir aber dürfen hoffen, daß 
die Zeit gekommen sey, wo wir den Israeliten unsere alte Schuld der Dankbarkeit 
entrichten können. Strecken wir ihnen denn unsere Arme entgegegen, und indem 
wir zuerst sie um Vergebung bitten wegen der grausamen Unduldsamkeit, die wir 
gegen sie geübt, werden wir sie auch bewegen, auf ihren Knieen und in reuigem 
Schmerze denjenigen um Vergebung zu bitten, welchen der heidnische Krieger für 
den Sohn Gorres erklärte, während ihre Bäter ihn an das Kreuz der Schmach und 
des Todes hefteten. 
Die Stimme Gottes sagt uns, daß die ganze Erde einft die Herrschaft Jesu 
Christi anerkennen soll, daß vor allen die Kinder Israels ihn suchen werden in auf- 
richtiger und bitterer Reue; daß nur nach ihrer Bekehrung die aller übrigen Völker 
werde vollendet werden; ja daß vornehmlich die Israelitischen Christen jener allge- 
meinen Bekehumg als Muster und Werkzeug dienen sollen. Welche dringendere 
und heiligere Pflicht haben wir also zu erfüllen, als die: das Evangelium in ihre 
Hände zu geben? denn aus un sern Händen, von den Nachkommen be- 
kehrter Heiden, sollen sie es erhalten (Jes. 61I, 5. Röm. II, 30. 31). 
Wie dürfen wir einer Pflicht uns entziehen wollen, die so deutlich ausgesprochen, 
so wichtig, so heilig ist; ja auf deren Erfüllung Gott einen besondern Segen hat 
legen wollen? Er verkündigt die schrecklichste Rache denen, die jemals als Feinde 
Israels sich beweisen werden, selbst in solchen Zeiten, wo seine Rache auf Jakobs 
Nachkommen lastet. Er erklärt, da er redet von seinem alten Volke: „Er wolle 
fluchen dem, der ihm fluche;“ aber er erklärt auch: „Er werde segnen den, der 
es segne.“ 
Haben aber wir Christen uns den Juden genähert, so sind auch sie wie- 
derum uns näher gekommen. Jener Geist der Forschung und jener Zustand von 
Bildung, der einen großen Theil der Israeliten in Deutschland auszeichnet, macht 
sie empfänglicher, als sie ehemals waren, für die Sprache der Wahrheic, und 
geneigter, sie aus unserm Munde zu vernehmen. 
Fromme Christen in Deutschland haben sich bis jetzt zu ihrer Betrübniß fast 
ausgeschlossen gesehen von jenem Felde der Heidenbekehrung, wozu nur Seefah- 
rende Nationen unmittelbaren Zugang haben. Mögen sie sich troͤsien, indem sie 
ihre Blicke auf jene Millionen des alten Volkes Gottes richten, die unter ihnen 
oder in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wohnen. Und keiner andern Nation 
stehen so wirksame Hülfsmittel zu Gebote, um anjetzt das Werk der Bekehrung zu 
beginnen., als dem evangelischen Deutschlande. Ihm scheint die herrlichste und 
beiligste Ernte aufbewahn zu seyn, die je gottseliger Betriebsamkeit sich bergeboten 
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