Der Ausbruch des Krieges 545
tum der Russen unterschied, aber vor dem gleichen Endziel nicht zurück—
schreckte.
Schon seine erste Anregung, die auf achtundvierzig Stunden bemes—
sene Frist des Ultimatums zu erstrecken, hatte nur demonstrative Be—
deutung; drang sie durch, so würde sie der interventionsbereiten Groß-
macht nur einen weiteren Vorsprung in ihrer Rüstung ermöglicht haben.
Der Vorschlag wurde durch die Ereignisse überholt. Die serbische
Antwortnote vom NTAachmittag des 25. Juli zeigte nur scheinbar ein wei-
tes Entgegenkommen, in Wahrheit umging oder verwarf sie alle öster-
reichischen Forderungen, deren Erfüllung ein tatsächliches energisches
Einschreiten der Regierung gegen die österreichfeindlichen Machenschaf-
ten serbischer Untertanen verbürgt hätte 7); daher mußte Österreich einc
solche Antwort eines Staates, der schon im Jahre 1909 vergeblich Besse-
rung gelobt hatte, als ungenügend bezeichnen 3) und gemäß seiner Dro-
hung die diplomatischen Beziehungen abbrechen. Daß Serbien über die
Aufnahme seiner Antwort nicht im Zweifel war, geht schon daraus her-
vor, daß es schon vor ihrer Absendung die Mobilisierung verfügt hatte.
An demselben 25. Juli verfügte Rußland eine Mobilisierung seiner
Österreich-Ungarn benachbarten Militärbezirke. Damit trat der Kon-
flikt in sein zweites Stadium.
Grey hielt es nunmehr für angezcigt, einen Vermittlungsvorschlag zu
sormulieren. Am Abend des 26. Juli legte er, nach eingeholter russischer
Zustimmung, den Regierungen von Frankreich, Deutschland und Ita-
lien den Vorschlag vor, ihre Botschafter in London zu einer Konferenz
zusammentreten zu lassen, um einen friedlichen Ausgang zu erwägen.
Dieser Gedanke war für Österreich-Ungarn schon deshalb unannehm-
bar, weil er indirekt Rußland als eine in dem serbisch-österreichischen.
17) Die serbische Regierung vermied jedes Zugeständnis, daß bisher solche
Machenschaften in Serbien vorgekommen seien. Sie gab die Zusage schärferen
Einschreitens fast ausschließlich für die Zukunft und in der Weise, daß die Durch-
führung von der Mitwirkung anderer, von der Regierung unabhängiger Fak-
toren (Gerichte, Skupschtina) abhäugig blieb; vor allem nahm sie diejenigen
Punkte nicht an, durch die Österreich eine wirksame Kontrolle der Ausführung
der serbischen Zusagen ermöglicht werden sollte. Die Antwortnote ließ der ser-
bischen Regierung wesentlich freie Hand hinsichtlich des Zeitpunktes und der
Garantie der Erfüllung ihrer Versprechungen. Sie bewies schließlich zweifels-
frei, daß die Regierung entgegen ihrer Pflicht bisher noch keinerlei Schritte
wegen des Attentats unternommen hatte.
18) Auch Italien mißbilligte die serbische Rote: „Le Marquis de San Giu-
liano estime duc la Serbie aurait agi plus sagement en acceptant la note dans
son inlégralité.“ Gelbbuch Nr. 72.
Deutschland und der Welklkrieg 35