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und zur Errichtung öffentlicher Anstalten zu machen 1); diese
Vorschläge werden genau geprüft werden, und es sollen stets
landesfürstliche Entschließungen, und zwar im Ablehnungsfalle
mit Anführung der Gründe, darauf erfolgen.
1) Die Annahme (G. Meyer, Staatsrecht, § 158, Anm. 2, und Otto,
Staatsrecht, S. 124), daß durch diesen Paragraphen der Ständeversammlung
das Recht der Initiative im eigentlichen Sinne, d. h. das Recht der Ein-
bringung eines förmlichen Gesetzentwurfs zur Beratung — im Gegensatze zur
„Motion“, dem an die Regierung gerichteten Ersuchen um Vorlage eines
Gesetzes unter Angabe gewisser Zielpunkte — eingeräumt sei, ist nicht
für zutreffend zu halten. Der Paragraph, welcher sachlich den § 29 der
E. L.-O. wiedergibt, betrifft nur das Recht der Stände zur Stellung all-
gemeiner Anträge. Allerdings hatte die Kommission beantragt, den Para-
graphen, der schon im ersten Entwurf enthalten war, unter die die Mitwirkung
der Stände bei der Gesetzgebung behandelnden Bestimmungen (jetzt § 98 bis
101) zu stellen und den Wortlaut im ersten Satz dahin einzuschränken: „Die
Landschaft ist befugt, der Landesregierung Vorschläge zu neuen Gesetzen und
Verordnungen oder zur Anderung der bestehenden zu machen“, aber die Regie-
rung ging nicht darauf ein. Neben dem Antrage findet sich die Randbemerkung
von v. Schleinitz: „Ist unpassend, da die Stände nicht die Initiative haben
und haben sollen, also gehört dieses zu dem Kapitel von Vorschlägen.“ Und
an einer anderen Stelle ausführlicher: „Es ist unpassend, bei dem Abschnitt
von der Gesetzgebung dieses Rechts zu erwähnen, da ihre Vorschläge hier keinen
größeren Effekt haben, als bei allen anderen Landesangelegenheiten, und wenn
dieses Recht hier besonders erwähnt wird, daraus gewiß mit der Zeit gefolgert
wird, daß dasselbe auch etwas absonderliches sei, was um so mehr zu ver-
meiden sehr notwendig ist, als zwischen dem Recht des Vorschlages und der
eigentlichen Initiative die Grenze sehr fein ist und deren Verdunkelung oder
Überschreitung dem monarchischen Prinzip leicht gefährlich wird.“ Tatsächlich
hatte auch das Recht der Initiative, das seit dem Jahre 1848 den Landständen
fast überall beigelegt ist (Ausnahmen: Sachsen-Altenburg, Anhalt, Schwarzburg-
Rudolstadt und Reuß ä. L.), unter den zur Zeit der Entstehung der N. L.-O.
bereits vorhandenen Verfassungsgesetzen deutscher Staaten nur in Weimar
(Grundgesetz von 1816, § 117) und Meiningen (Grundgesetz von 1829, § 86)
Anerkennung gefunden. Vgl. auch Zachariae, Staats= und Bundesrecht,
Bd. 2, § 159, Anm. 2.
VI. Recht der Mitaufsscht auf die übrigen Londes-
angelegenheiten.
§ 106.
Die Ständeversammlung ist befugt, wegen bemerkter Mängel
oder Mißbräuche bei der Gesetzgebung, Rechtspflege und Ver-