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rers gehoͤren, mit voller rechtlicher Wirkung vorzunehmen — in wiefern einer
neuen Kirchengesellschaft dieser Art außerdem noch einzelne, besondere Rechte
zu verleihen sind, bleibt im vorkommenden Falle, nach Bewandniß der Umstände,
Unserer Erwägung vorbehalten.
In allen anderen Fällen bleiben bei neuen nach den Grundsätzen des
Allgemeinen Landrechts zur Genehmigung von Seiten des Staats geeignet be-
fundenen Religionsgesellschaften die zur Feier ihrer Religionshandlungen bestell-
ten Personen von der Befugniß ausgeschlossen, auf bürgerliche Rechtsverhalt-
nisse sich beziehende Amtshandlungen der oben bezeichneten Art mit zivilrecht-
licher Wirkung vorzunehmen; diese soll bei den Gegenständen jener Amts-
handlungen nach näherer Vorschrift der dieserhalb von Uns heute erlassenen
besondern Verordnung durch eine vor der Gerichtsbehörde erfolgende Verlaut-
barung sicher gestellt werden, dem Betheiligten jedoch gestattet sein, die gedach-
ten Amtshandlungen mit voller Wirkung auch durch einen Geistlichen einer der
öffentlich aufgenommenen christlichen Kirchen verrichten zu lassen, wenn ein sol-
cher sich dazu bereitwillig findet.
Nachdem die jetzigen Bewegungen auf dem kirchlichen Gebiete Uns veranlaßt
haben, Unsere Grundsätze über Zulassung und Bildung neuer Religionsgesell-
schaften im Allgemeinen auszusprechen, behalten Wir Uns vor, mit Benutzung
der bei Anwendung derselben zu machenden Erfahrungen, nach Bedürfniß, die
über diesen Gegenstand bestehenden, in der anliegenden Zusammenstellung ent-
haltenen Vorschriften des Allg. Landrechts durch besondere gesetzliche Bestim-
mungen zu ergänzen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedruck-
tem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 30. März 1847.
(L. S.) Friedrich Wilhelm.
Zusammenstellung
er
in dem Allgemeinen Landrechte enthaltenen Bestimmungen uͤber
laubens= und Religionsfreiheit.
1.
J# Einwohner im Staat steht für seine Person vollkommene Glaubens-
und Gewissensfreiheit zu.
Die Begriffe der Einwohner des Staats von Gokt und göttlichen Din-
gen, der Glaube und der innere Gottesdienst können kein Gegenstand von
Zwangsgesetzen sein.
Niemand ist schuldig, über seine Privatmeinungen in Religionssachen
Vorschriften vom Staate anzunehmen.
Niemand soll wegen seiner Religionsmeinungen beunruhigt, zur Rechen-
schaft gezogen, verspottet oder gar verfolgt werden.
W. 1. bis 4. Theil II. Tit. 11. des Allgem. Landrechts.
Jedem Burger des Staats, welchen die Gesetze fähig erkennen, für 64
sel