· — 131 —
(Nr. 2826.) Verordnung, betreffend die Oeffentlichkeit in Zivilprozessen. Vom 7. April 1847.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Koͤnig von
Preußen 2rc. 2.
finden Uns veranlaßt, in denjen n Landestheilen, in welchen die Verordnung
vom 21. Juli 1846. über das Verfahren in Ziovilprozessen Gesetzeskraft hat,
eine dem wahren Bedürfnisse entsprechende Gerichtsöffentlichkeit einzuführen,
und verordnen demnach auf den Antrag Unseres Staatsministeriums, unter
Aufhebung aller entgegenstehenden Vorschriften, was folgt:
g. 1.
Der Zutritt zu den mündlichen Verhandlungen in Zivilprozessen soll
fortan allen Männern gestattet sein; zurückzuweisen sind jedoch diejenigen, welche
das Recht, die Nationalkokarde zu tragen, verloren haben, sowie diejenigen,
deren äußere Erscheinung von der Art ist, daß eine Verletzung des Anstandes
bei den Verhandlungen zu besorgen steht.
g. 2.
Alle bei der Sache nicht betheiligte Personen muͤssen sich entfernen, so-
bald das Gericht aus Gruͤnden des oͤffentlichen Wohls oder der Sittlichkeit
dies fuͤr angemessen erachtet.
Auf den Antrag der Parteien oder einer derselben ist die Oeffentlichkeit
nur dann auszuschließen, wenn fuͤr diese Ausschließung Gruͤnde angefuͤhrt wer-
den, deren Erheblichkeit das Gericht nach freiem Ermessen anerkennt. Das
Gericht hat daruͤber durch einen Beschluß zu befinden, und zwar nach Anhoͤ-
rung der Parteien oder ihrer Bevollmaͤchtigten, wenn dieselben in der Sitzung
anwesend sind.
g. 3.
Auf das durch das Gesetz vom 28. Juni 1844. eingeführte Verfahren
in Ehescheidungssachen hat die gegenwärtige Verordnung keine Anwendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhándigen Unterschrift und beige-
drucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Potsdam, den 7. April 1847.
(L. S.) Friedrich Wilhelm.
Prinz von Preußen.
v. Boyen. Mühler. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny.
v. Bodelschwingh. Gr. zu Stolberg. Uhden. Frh. v. Canitz.
v. Düesberg.
(Nr. 2826.)