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2) wegen Verlehung oder unrichtiger Anwendung wesentlicher Vorschriften
oder Grundsätze des Verfahrens.
Artikel 108.
"„ Eine Verletzung wesentlicher Vorschriften des Verfahrens ist ins beson-
dere vorhanden:
1) wenn Vorschriften verletzt sind, deren Beobachtung bei Strafe der Nich-
tigkeit vorgeschrieben ist; ..
2) wenn die gesetzlichen Bestimmungen über die Kompetenz verletzt sind;
3) wenn an der Hauptverhandlung und Entscheidung nicht die gesetzlich vor-
geschriebene Zahl von Richtern Theil genommen hat, oder wenn bei der
Hauprverhardlung ein Gerichtsschreiber nicht zugezogen ist;
4) wenn das Urtheil erlassen worden ist, ohne daß vorher die Staatsan-
waltschaft mit ihrem Antrage gehört worden;
5) wenn unzulässigerweise dem Angeklagten die Vertheidigung abgeschnitten
oder wesentlich beschränkt worden ist, oder wenn ohne gesetzlichen Grund
das Hauptverfahren in Abwesenheit des Angeklagten bangefnaden hat;
6) wenn ein rechtzeitig angebrachtes, gesetzlich zulässiges Rechtsmittel als
unstatthaft zurückgewiesen, oder wenn ein verspctetes oder sonst gesetzlich
unstatthaftes Rechtsmittel zugelassen worden ist;
7) wenn ohne das WVorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen die Mit-
wirkung der Geschworenen ausgeschlossen worden ist.
In anderen, als den vorstehend bezeichneten Fällen unterliegt es der
Beurkheilung des Ober-Tribunals, ob eine Vorschrift oder ein Grundsatz des
Verfahrens, auf deren Verletzung die Nichtigkeitsbeschwerde gegründet ist, als
wesentlich zu betrachten sei.
Artikel 109.
Die Nichtigkeitsbeschwerde steht sowohl der Staatsanwaltschaft, als dem
Angeklagten zu. Die Verletzung von Vorschriften, welche lediglich im Interesse
des Angeklagken gegeben sind, kann jedoch von der Staatsanwaltschaft nicht zu
dem Zwecke geltend gemacht werden, um eine Vernichtung des Urtheils zum
Nachtheil des Angeklagten herbeizuführen.
Wenn der Angeklagte von den Geschworenen für nicht schuldig erklä#rt
worden ist, so steht der Staatsanwaltschaft die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu.
Diese Beschrankung bezieht sich nicht auf die Fälle, in welchen durch die 4.
sammensetzung des Schwurgerichts, oder durch die Steellung oder Nichtstellung
von Fragen an die Geschworenen eine Nichtigkeit begründet wird.
Artikel 110.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist innerhalb einer präklusivischen Frist von
zehn Tagen bei dem Gerichte, welches das Urtheil erster Instanz erlassen har,
an-