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Nr. 8567.) Ausführungsgesetz zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz. Vom 24. April 1878.
Wir Wilhelm) von Gottes Gnaden König von Preußen 2#c
verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie,
was folgt:
Erster Titel.
Richteramt.
S. 1.
Die Prüfungen, durch deren Ablegung die Fähigkeit zum Richteramt er-
langt wird, und der Vorbereitungsdienst der Referendare erfolgen nach den Vor-
schriften des Gesetzes vom 6. Mai 1869. An die Stelle der Appellationsgerichte
treten die Oberlandesgerichte. Die Dauer des Vorbereitungsdienstes bleibt eine
vierjährige.
§. 2.
Referendare, welche im Vorbereitungsdienste seit mindestens zwei Jahren
beschäftigt sind, können im Falle des Bedürfnisses durch die Justizverwaltung
mit der zeitweiligen Wahrnehmung richterlicher Geschäfte bei den Amtsgerichten
beauftragt werden.
Denselben kann nach näherer Anordnung der Justizverwaltung durch den
Amtsrichter, welchem sie zur Ausbildung überwiesen sind, die Erledigung einzelner
richterlicher Geschäfte übertragen werden.
Zur Urtheilsfällung, zur Aufnahme letztwilliger Verfügungen, zur Ent-
scheidung über Durchsuchungen, Beschlagnahmen und Jerhastungen, woie zu
den Eeshätt des Amtsrichters bei Bildung der Schöffengerichte und Schwur-
gerichte sind Referendare nicht befähigt.
K. 3.
Die Gerichtsassessoren werden nach ihrer Ernennung einem Amtzsgericht
oder Landgericht oder mit ihrer Zustimmung einer Staatsanwaltschaft zur un-
entgeltlichen Beschäftigung überwiesen. Die Bezeichnung des Gerichts oder der
Staatsanwaltschaft elsol durch den Justizminister.
Die Versetzung der Gerichtsassessoren von dem Orte, an welchem sie einem
Gericht oder einer Staatsanwaltschaft zur unentgeltlichen Beschäftigung über-
wiesen sind, ist, vorbehaltlich der Vorschriften in §. 4, nur mit ihrer Husim-
mung zulässig. ¾4
Die Gerichtsassessoren sind verpflichtet, auf Anordnung des Justizministers
die Verwaltung einer Amtsrichterstelle, die Stellung eines Hülfsrichters oder
eines Hülfsarbeiters bei der Staatsanwaltschaft zu übernehmen. In diesen
Fällen ist ihnen eine Entschädigung nach allgemein festzustellenden Grundsätzen