Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1900. (91)

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Minderjährigen und in allen Fällen den Gemeindevorstand, den zuständigen Geist- 
lichen und den Leiter oder Lehrer der Schule, welche der Minderjährige besucht, 
hören, auch hat, wenn die Beschlußfassung nicht auf Antrag erfolgt, das Vor- 
mundschaftsgericht zuvor dem Landrath (Oberamtmanne, Gemeindevorstande, 
Vorsteher der Königlichen Polizeibehörde) unter Mittheilung der Akten Gelegenheit 
zu einer Aeußerung zu geben. 
Der Beschluß ist dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen, diesem 
selbst, wenn er das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, dem Landrath (Ober- 
amtmanne, Gemeindevorstande, Vorsteher der Königlichen Polizeibehörde) und dem 
verpflichteten Kommunalverbande G. 14) eustelln. 
Gegen den Beschluß steht den im Abs. 3 Genannten die sofortige Be- 
schwerde zu, dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen oder diesem selbst jedoch 
nur dann, wenn der Beschluß auf Unterbringung zur Fürsorgeerziehung lautet- 
Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. 
g. 5. 
Bei Gefahr im Verzuge kann das Vormundschaftsgericht eine vorläufige 
Unterbringung des Minderjährigen anordnen. Die Polizeibehörde des Aufent- 
hallsorts hat in diesem Falle für die Unterbringung des Minderjährigen in einer 
Anstalt oder in einer geeigneten Familie zu sorgen. 
Die durch die vorläufige Unterbringung erwachsenden Kosten fallen, sofern 
die Ueberweisung zur Fürsorgeerziehung demnächst endgültig angeordnct wird, dem 
verpflichteten Kommunalverbande G. 14), anderenfalls demjenigen zur Last, welcher 
die Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung zu tragen hat. Die Polizeibehörde hat 
ua sun Fällen die durch die vorläufsige Unterbringung entstehenden Kosten vor- 
zuschießen. 
Streitigkeiten über die Angemessenheit der dem Erstattungspflichtigen in 
Rechnung gestellten Vorschüsse der Polizeibehörde entscheidet der Bezirksausschuß 
im Beschlußverfahren. Der Beschluß des Bezirksausschusses ist endgültig. 
K. 6. 
Hat die im §. 4 angeordnete Anhörung der Eltern oder des gesetzlichen 
Vertreters nicht stattfinden können, so sind dieselben berechtigt, die Wiederaufnahme 
des Verfahrens zu verlangen. " 
7 
Soweit nicht in diesem Gesetz ein Anderes bestimmt ist, finden auf das 
gerichtliche Verfahren die allgemeinen Vorschriften über die durch Landesgesetz den 
ordentlichen Gerichten übertragenen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
Anwendung. ’* 
Die herichtlichen Verhandlungen sind gebühren= und stempelfrei; die baaren 
Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. Ist nach dem Ermessen des Vor-
	        
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