Object: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

DHa deulsche Reich und seire einzelnen Glieder. (März 23.) 109 
auch heute in Ihrer Mitte erscheine, um so mehr wächst meine. Perehrung 
für den erhabenen Monarchen dieses großen Reiches. Ich wünschte, daß 
meine Beredtsamkeit in gleicher Weise zunähme, um dieser Verehrung voll- 
endet Ausdruck zu geben, und ich wünschte, daß meine Stimme laut geung 
wäre, um auch draußen von Jenen vernommen zu werden, die sich vermessen, 
an der Freundschaft zu rütteln, welche den Kaiser, dessen Wohl ich jeßt aus- 
zubringen die Ehre habe, mit dem Unsrigen verbindet. Jene würden dann 
einsehen, daß ihr Beginnen ein vergebliches und daß diese Freundschaft so“ 
fest # wie immer, ja, fester als je! Se. Majestät der Kaiser Alexander 
ebe hoch 
23. März. (Deutsches Reich.) Bundesrath: der Reichs- 
kanzler übermittelt demselben das Protokoll einer in den erslen 
Tagen des l. M. in Berlin zwischen Bertreiern der Regierungen 
von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Olden- 
burg und der Reichseisenbahnverwaltung stattgesundenen Conserenz 
über den Vorschlag des Reichskanzlers betr. die Negelung des Eisen- 
bahn-Gütertarifs. 
Zur Vorbereitung ver Beschlußnahme über den Dundespräsidialantrag 
vom 7. (12.) Febr., betr. die Ansarbeitung eines Gesetzes zur Negelung des 
Gütertarifwesens auf den deutschen Eisenbahnen, hatte der Reichskangler, 
laut einem Schreiben an den Bundesrath vom 18. März, den Versuch nicht 
unterlassen zu sollen geglaubt: vor dem Einlritt in die verfassungsmäßige 
Geschäftsbehandlung zwischen den Bundesregierungen, welche durch den Besitz 
von Staatsbahnen direct betheiligt sind, eine freie Verständigung über die 
Behandlung des Antrags herbeizuführen. Der Zustimmung zu diesem Vor- 
schlag ist eine Confereng gefolgt, welche unter Theilnahme von Vertretern 
der Regierungen von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg. Baden, 
Hessen, Oldenburg und der Reichseisenbahn= Verwaltung vom 7. bis 11. März 
stattgefunden- hat. Ueber das Ergebniß dieser Vorverhandlungen ist ein 
Conferenz-Protocoll aufgenommen worden. Ungeachtet aller bei den ersten 
Erwägungen einer umfassenden Reform natürlichen Meinungsverschiedenheit 
tritt, nach dem Gesammteindruck der im Protocoll niedergelegten Auifassungen 
und Vorschläge, aus der Vorbesprechung die Neigung entgegen, den dem Prä 
sidialantrage zu Grunde liegenden Bestrebungen entgegenzukommen. Nament- 
lich schlägt die Conferenz die Einsetzung eines Reichseisenbahn-Ausschusses 
von zwölf Mitgliedern mit zwölf Stellvertretern vor, die zu gleichen Hälften 
aus den Bahnverwaltungen, aus Kreisen der Land= und Forstwirthschaft, 
der Industrie und des Handels vom Bundesrath auf drei Jahre gewählt 
und vom Neichskanzler nach Bedürfniß unter Leitung des Eisenbahnamtes 
einberufen werden sollen. Im Uebrigen erhob namentlich Sachsen Schwie- 
rigkeiten und es wird daher behauplet, daß die Conferenz noch in keiner 
Weise eine Lösung der Tariffrage auch nur angebahnt habe. Qut darüber 
seien selbst die preußischen Eisenbahnfachmänner einig, daß die Ibee der 
Regelung der Güterfrachten nach Taxquadraten unausführbar sei. Die Ein 
führung eines einheitlichen Tarifs, für welchen die preußischen Vevolknöch- 
tigten eintraten, wurde von den Bevollmächtigten anderer Staaten belämpsft, 
namentlich von den sächsischen Vertretern, weil eine gleichmäßige Behandlung 
aller Vahnen die größte Ungerechtigkeit sei. Die preußischen Eisenbahn- 
lechniker haben nun vorgeschlagen, für theuer gebaute und kostspielig zu ver- 
waltende Bahnen die „virtuelle Kilometerlänge“ anzuwenden. Die dadurch 
geschaffene Abhülfe wird aber durch die Annahme des Grundfabes illusorisch
	        
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