Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuß Älterer Linie. 1856. (5)

— 243 — 
Meister vollenden, und ist sogar die Innung schuldig, ihm einen andern Lehrmei- 
ster zu verschaffen, wenn die Veranlassung und Schuld der Trennung von dem bis- 
herigen Lehrmeister, an diesem, und nicht an dem Lehrling gelegen. 
Ist ein Lehrling aus der Lehre entlaufen, hat sich aber vor Ablauf von acht 
Tagen freiwillig wieder bei seinem Lehrmeister eingefunden, auch sonslen keine schwere 
Vergehung verschuldet, und angelobet, sich künftighin besser zu verhalten und nicht 
wieder dem Lehrmeister zu entlaufen, so ist dieser ihm das erstemal zu vergeben 
gehalten, jedoch gegen Vergütung der erweislichen Schäden, auch kann derselbe den 
wieder anzunehmenden behrling jeden Tag, den derselbe ausgeblieben, mit einer 
Woche zu verlängernder Lehrzeit verbüßen lassen. Daferne hingegen der Lehrling 
binnen der obbestimmten Frist zur Werkstatt nicht zurückkehrt, auch binnen eben 
derselben die Rechtfertigung seiner Entweichung bei der Innung nicht darthur, so 
ist das etwaige behrgeld dem Lehrmeister anheim gefallen und wird überdies die 
nachhero vorkommende Caution zu Vergütung erweislicher Schäden verwendet, der 
Ueberrest derselben aber geht dem Lehrling oder demjenigen, der die Bürgschaft für 
ihn geleistet hat, zu Gute. 
Sollle endlich die Frage: ob der behrling ohne Ursache entlaufen oder durch 
des Lehrmeisters harte Behandlung dazu veranlaßt worden? vor der Innung oder 
nach Wichtigkei: der Entschuldigung, vor der Obrigkeit erörtert werden, und die 
Entscheidung zu Gunsten des Meisters ausfallen, so hat es bei den nur bestimmten 
Folgen des Entlaufens sein Bewenden, und würde der Junge, wenn er gleichwohl 
das Gewerbe noch erlernen und ein Meister ihn annehmen wollte, die Lehrzeit von 
vorne anfangen und sich wieder einschreiben lassen müssen. Falls aber dem Lehr- 
ling von seinem Lehrmeister zu viel geschehen sein und die Selbsthülfe des Ent- 
laufens entschutdiget erscheinen sollte, so erhält der Lehrmeister gar kein behrgeld 
und ist schuldig, das erhaltene Lehrgeld zurückzugeben, auch kann die noch fehlende 
Lehrzeit bei einem anderen Meister ausgestanden werden, und wenn sich zu Annahme 
bieses meisterlosen Lehrlinge kein anderer Meister in Güte verstehen würde, ist der- 
jenige Meister, welcher die längste Zeit hindurch keinen Lehrling gehabt hat, zur 
Annahme dieses Meisterlosen verbunden. 
K. 6. 
Sicherheitsbestellung wegen Wohlverhalten des Lehrlings. 
Sowohl der Innung (und zwar wegen der künftigen Lossprechgebühren) als 
dem vehrmeister (wegen erweislicher Schäden durch Veruntreuung oder Entlaufen 
aus der Lehre, keineweges aber wegen der durch etwaige Ungeschicklichkeit des 
behrlings verdorbene Handwerksarbeiten) wird die Sicherheit bestellet, und soll es 
demnach nicht der Willkür des Lehrmeisters überlassen sein, ob er Sicherheits-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.