Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuß Älterer Linie. 1856. (5)

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ls jene Verhandlungen begannen, war die frühere Ordnung des deutschen 
Bundes aufgelöst; die Bundesversammlung war im Juli 1848 außer Wirksamkeit 
gelreten; der interimistisch aufgestellten Centralgewalt waren weder der Auftrag 
noch die Mittel gegeben, einen neu geordneten Zustand herbeizuführen; es war zu- 
nächst zu erwarten, wie sich die Verhandlungen der damals in Frankfurt tagenden 
Nationalversammlung entwickeln würden. Der traurige Gang und das noch traurigere 
Ende derselben ist bekannt. 
Die Revolution wurde in den banden, wo sie zum bewaffneten Widerstand 
gegen die Regierung, zum offenen Bürgerkriege geführt hatte, durch die Gewalt 
der Waffen gebändigt; die Differenzen, welche über die Reconstruction des Bundes 
zwischen den mächtigeren Bundesstaaten entstanden waren, durch die Dresdner Con- 
ferenzen beseitigt; der Bundestag trat wieder zusammen; ihm ward die schwere 
Aufgabe zu Theil, die durch die Revolution aus den Fugen gerifsenen Verhältnisse 
wieder in das Gleis der Ordnung zu führen 
Durch den Bundesbeschluß vom 23. August 1851 wurden die von der auf- 
gelösten Nationalversammlung decretirten surent Grundrechte aufgehoben, und 
die Regierungen derjenigen Staaten, in denen Bestimmungen der Grundrechte durch 
besondere Gesetze ins Leben gerufen worden) Vompllichte, diese Bestimmungen außer 
Wirksamkeit zu lehen, insofern sie mit den Bundesgesetzen und den ausgesprochenen 
Bundeszwecken in Widerspruch stehen. 
migfach waren die Schwierigkeiten, auf welche diejenigen deutschen Re- 
gierungen stießen, die sich in dem obigen Falle befanden, und manches Land hatte 
schwer an den Folgen zu tragen, welche das zu schnelle Vorgehen im Sinne der 
Bewegung von 1848 nach sich zog. Auch Unsere Regierung würde sich in gleichem 
Falle befunden haben, wenn die berathene neue Landesverfassung hätte in Vollzug 
gebracht werden sollen, denn auch diese enthielt Bestimmungen, welche mit dem 
Bundesrechte unvereinbar waren; es hätte daher einer gänzlichen Revision der Be- 
rathungen bedurft. 
llein der im Jahre 1848 nur als Widerhall ähnlicher Begehren in den 
hatten schon nach den ersten Wochen aufgehörk, die Theilnahme des Publikums zu 
erregen. Der Hinblick auf die Verwickelungen, in welche so manche deutsche bande 
durch das Beharren auf dem Gange von 1848 gerathen war, gab Uns die Ueber- 
zeugung, daß es für das wahre Wohl Unserer getreuen Unterthanen nicht förder- 
lich sein würde, noch weiter Hand an eine Veränderung der rechtlich bestehenden 
und in ungestörter Wirksamkeit verbliebenen Landesverfassung zu legen, und daß 
auch ohne einen solchen immer bedenklichen Schritt alle die Verbesserungen erreichbar
	        
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