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Art. 8.
Alle Strafgesangenen sind zu Arbeiten anzuhalten, welche ihrer Körperbeschaffenheit
thunlichst entsprechen. Soweit es mit diesem Grundsat verträglich ist, sind die zu Zuchthaus-
strase Verurtheilten zu schwerer Arbeit zu verwenden. Dieselben werden in jeder Straf-
anstalt dergeslall in Klassen vertheilt, daß eine Sonderung der mit Handarbeilen Beschäf-
tigten von den nicht zu solchen verwendeten Verbrechern, ingleichen eine Sonderung der
jugendlichen von den älteren und verdorbeneren Verbrechern stattfindet.
Zur Gefänguißftrafe Verurtheilte können wider ihren Willen weder zu öffentlichen,
noch zu solchen Arbeiten gebraucht werden, in deren Verrichtung nach ihren bürgerlichen
Verhältnissen eine Erschwerung der Strafe für sie liegen würde.
Der Ertrag der Arbeiten ist, sofern nicht die Hausordnung einer Strafanstalt eine
den Strafgefangenen günstigere Einrichtung hat, zunächst zur Bestreitung der Kosten des
Unterhaltes des Gefangenen, sodann zur Deckung der Kosten des Strasverfahrens zu ver-
wenden, und der elwaige Ueberverdienst dem Strafgefangenen zu überlassen und bei seiner
Entlassung aus der Strafanstalt auszuhändigen.
Gefängnißsträflingen, welche die Kosten der Strafvollziehung selbst bestreiten, ist zu
überlassen, ob und wie sie sich auf eine mit der Gesängnißordnung verträgliche Weise
selbst beschäftigen wollen. Solchen Sträflingen ist auch gestattet, sich in dem Gefängniß
selbst zu beköstigen.
Der Zutrikt zu Strafgesangenen ist nur den Geistlichen, Aerzten, und unter ange-
messener Aufsicht den Ehegatten, nahen Verwandten, Anwälten und überhaupt denjenigen
Personen zu gestatten, welche über besondere Angelegenheilen mit ihnen zu sprechen haben.
Die Ordnung und Disciplin in den Strafanstalten richtet sich im übrigen nach den
für dieselben besonders bestehenden Hausordmungen.
Art. 9.
Inwiefern Freiheitsstrafen den gänzlichen oder vorübergehenden Verlust staatsbürger-
licher Rechte, insbesondere der Wahlfähigkeit bei Landtagen, der Fähigkeit zum Gemeinde-
bürgerrecht, zum Amt eines Geschwornen u. s. w., oder Beschränkungen solcher Rechte zur
Folge haben, ist nach den darüber bestehenden oder noch zu erlassenden besonderen gesetz-
lichen Vorschriften zu beurtheilen.
Rechlskräftig zuerkannte Zuchthauastrase zieht jedenfalls ohne Weiteres den Verlust
aller Ehrenzeichen, des Ranges, des Tilels, der academischen Würden, des Staatsdienstes
und anderer unmiltelbarer oder mittelbarer öffentlicher Aemter, der Advocatur, des No-
tariats, der ärztlichen Praxit, sowie der Dienstgehalte, Wartegelder und Pensienen aus
öffentlichen Cassen, nach sich. Der Verlust der ärztlichen Praxis soll jedoch in dem Falle
nicht eintreten, wenn die Zuchthausstrase wegen eines sogenannten politischen Vergehens
zuerkannt worden ist.
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