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II. Nichtigkeitsbeschwerde gegen Ewurtheile der Geschwornengerichte.
(rt. 307. Endurtheile bei einem Geschwornengerichte können blos wegen Nichtig-
keiten (Art. 306) durch eine an das Ober-Appellations-Gericht gehende Nichtigkeitsbe-
schwerde angefochten werden.
Dieses Rechtsmittel kann nur der Angeklagte oder der Ober-Staatsanwalt, ein jeder,
soweit ihn die vorige Entscheidung berührt, ergreisen. Es ist bei dem Appellationsgerichte
einzuwenden, innerhalb zehntägiger Nothfrist vom Tage der Eröffnung des vorigen Ur-
theiles an, und mit bestimmter Anführung der einzelnen Nichtigkeitsgründe. Die Ein-
wendung geschieht mündlich zu Protokoll oder schriftlich; im lebteren Falle ist ein Dupli-
kat beizufügen.
Ist das vorige Urtheil begen einen abwesenden Angeklagten gefällt worden, so ist
demselben das Urtheil bei seiner Rückkehr oder Wiedererlangung zu eröffnen, und die
Nothfrist läuft ihm erst vom Tage dieser Eröffnung an.
Bei Verbrechen, wo ein Privat-Ankläger aufgetreten ist, hat dieser in Beziehung auf
die Nichtigkeitsbeschwerde alle Rechte des Ober. Staatsanwaltes.
Die Schlußbestimmung in Art. 260 gilt auch hier.
Art. 308. Gegen Versäumnisse an der Nothfrist kann aus erheblichen Entschul-
digungsgründen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gesucht werden innerhalb dreißig
Tage vom Ablaufe der Nothfrist an. Der Nachsuchende muß innerhalb dieser Frist zu-
gleich den Entschuldigungsgrund bescheinigen, oder doch Bescheinigungsmittel anzeigen.
Das Nachsuchen und das Erheben der Bescheinigungsmittel geschieht bei dem Appellations=
Gerichte, bei welchem die Nichtigkeitsbeschwerde einzuwenden ist, und die letztere selbst muß
gleich bei dem Nachsuchen um Wiedereinsebung in den vorigen Stand mit angebracht wer-
den. Die Erhebung von Bescheinigungsmitteln kann das Appellations-Gericht durch Unter-
aerich semhn lassen.
le Entscheidung über die gesuchte Restitution ist dem über die Nichtigkeitsbeschwerde
—* Ober-Appellations-Gerichte zu überlassen.
Art. 309. Die Nichtigkeitsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.
War jedoch der Angeklagte verhaftet und ist er durch das angefochtene Urtheil frei-
gesprochen, so soll seine Entlassung aus der Haft in Folge einer von dem Ober-Staats-
amwalte eingewendeten Nichtigkeitsbeschwerde nur dann aufgeschoben sein, wenn der letz-
lere sofort bei Bekanntmachung des Urtheils die Forksetzung der Haft beantragt und zu-
gleich die Nichtigkeitsbeschwerde wenigsteus vorläufig angezeigt und sodann noch innerhalb
der Nothfrist ordnungsmäßig eingewendet hat.
Art. 310. Die eingewendete Nichtigkeitsbeschwerde ist von dem Appellations-Ge-
richte, wenn sie von dem Ober-Staatsanwalte eingelegt wurde, dem Angeklagten und