Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuß Älterer Linie. 1868. (17)

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oder nicht angenommenen Beweises, wegen der erkannten Strafart und Strafgröße, 
wegen der Entscheidung über etwaige privakrechtliche Ansprüche und wegen der Kosten 
ergriffen werden. 
Art. 318. Die Appellation steht dem Angeklagten und dem Staatsanwalte oder 
dem Privat-Ankläger, einem jeden, soweit das Endurtheil des Kreisgerichtes ihn berührt 
oder dem Gegner zum Vortheile gereicht, zu. 
Die Erben eines verstorbenen Angeklagten können an dessen Stelle nur bei erkannten 
Geldstrafen und wegen elwa mitentschiedener Civil-Punkte oder wegen der Kosten appel- 
liren oder die von ihrem Erblasser bereits ergriffene Appellation fortsetzen. 
Ist der Angeklagte nach Eröffunug des vorigen Urtheiles gestorben, so kann der 
Staatsanwalt nur, sosern Geldstrafe oder der Kostenpunkt in Frage sleht, gegen die Er- 
ben des Angeklagten appelliren oder eine schon angelegte Appellation fortsetzen. 
Art. 319. Ein Privat-Betheiligter, welcher sich wegen privakrechtlicher Ansprüche 
dem Strafverfahren angeschlossen hat, und dessen Ansprüche als unstatthaft oder wegen 
ermangelnder Vescheinigung ganz oder theilweise aberkannt worden sind, kann nur dann 
appelliren, wenn von dem Angefklagten oder von dem Staatsanwalte in irgend einer, die 
privatrechtlichen Ansprüche vielleicht auch nicht berührenden Beziehung, appellirt worden 
ist. Die Einwendung einer solchen Neben-Appellation schließt jede weitere Betretung des 
Civil-Weges aus. 
Wendet der Privat-Betheiligte keine Neben-Appellation ein, so kann er gleichfalls 
auf dem Civil-Wege keine weileren Ansprüche geltend machen; es sei denn, daß er inner- 
halb der für die Neben-Appellation geltenden Nothfrist sich diese Geltendmachung besonders 
vorbehalten hat. 6 
Kann er in Ermangelung eines Hauptrechtsmittels nicht appelliren, so steht ihm frei, 
seine Ansprüche, ungeachtet der in dem Strafverfahren vorliegenden Entscheidung, noch 
auf dem Civil-Wege zu verfolgen. 
Die Erhebung einer Civil-Klage entzieht die Befugniß, auf die im Strafverfahren vor- 
liegende Entscheidung zurückzugehen, indem die letztere nunmehr als nicht erkheilt an zusehen ist. 
Art. 320. Die Appellationen sind bei dem Kreisgerichte mündlich zu Protokoll 
zu geben oder schriftlich einzuwenden, welchen Falles ein Duplikat beizufügen ist. Nich- 
tigkeitsgründe müssen einzeln bestimmt angegeben werden; auch andere beschwerende Punkte 
sollen deutlich bezeichnet, jedoch eine allgemein eingewendete Appellation angesehen werden, 
als,sei sie gegen alle einzelne Theile des Urtheiles, welche gegen den Appellanten gehen, gerichtet. 
Dem Angeklagten und dem Staatsanwalte läuft zur Einwendung eine zehntägige 
Nothfrist nach den näheren Bestimmungen im Art. 307. Eine Belehrung des Ange- 
llagten über die ihm zustehenden Rechtsmittel ist nicht erforderlich. Auch gilt hür Wie- 
dereinsetung in den vorigen Stand mit analogischer Anwendung der Vorschfte im Art. 
308. Die Entscheidung über die nachgesuchte Wiedereinsetzung ist dem Appellationd · Ge- 
richte zu überlassen. 
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