228 II. Gesetz über den Elementarunterricht.
Mit den freiwillig über die Grenze des gesetzlich Gebotenen hinaus von den
Städten der Städteordnung übernommenen Leistungen für ihr Volksschulwesen steht
eine weitere Besonderheit im Zusammenhange: die Besetzung aller Hauptlehrerstellen
an solchen Schulen auf Vorschlag der städtischen Behörde (des Stadtrats.)
Im letzten Absatz von § 102 des jetzigen Elementarnnterrichtsgesetzes ist der
Gemeindebehörde ein „Präsentationsrecht“ bei Anstellung der Lehrer eingeräumt
„soweit eine Volksschule als eine erweiterte zu betrachten ist.“ Diese Bestimmung
wird von den Staatsbehörden der Unterrichtsverwaltung dahin ausgelegt, daß das.
Präsentationsrecht nur auf diejenigen Stellen sich beziehe, welche zu dem Zwecke, die
Schule zu einer „erweiterten“ zu gestalten, über die gesetzlich vorgeschriebene Mindest-
zahl hinaus an einer Volksschule errichtet sind. Die jetzt der Städteordnung unter-
stellten Städte gingen mit der Einrichtung erweiterter Volksschulen zuerst vor, und
bei der Schwierigkeit, von der Gesamtheit der an den Volksschulen (beziehungsweise
Volksschulabteilungen) einer Stadt anzustellenden Lehrer diejenigen individnell aus-
zuscheiden, deren Stellen als der „Erweiterung"“ angehörig zu betrachten wären, kam
thatsächlich die Ubung auf, einstweilen für die Besetzung aller Hauptlehrerstellen
den Vorschlag der Stadtbehörde zuzulassen. Bei dieser Ubung ist es bis zur Gegen-
wart geblieben — auch nach einer Verhandlung über den Gegenstand in der Zweiten
Kammer des Landtags von 1883/84 aus Anlaß einer Bitte und Beschwerde des
Stadtrats zu Heidelberg und der Gemeindebehörden der übrigen unter der Stöädte-
ordnung stehenden Städte.
Bei der auf dem Gebiete des Elementarunterrichts von den Städten im weitesten
Umfange seither ausgeübten Selbstverwaltung hat deren Volksschulwesen sich reich
entfaltet und einen Stand der Leistungen erreicht, welcher das allgemeine Durch-
schnittsmaß weit überbietet. Angesichts derartiger Erfolge dürfte keinerlei Anlaß be-
stehen, der Bethätigung einer solchen Selbstverwaltung für die Zukunft irgendwie
engere Grenzen zu ziehen oder den betreffenden Gemeinden Leistungen, welche sie
bisher freiwillig übernommen, für die Zukunft in verpflichtender Weise aufzuerlegen.
Diese Auffassung der Großherzoglichen Regierung liegt den besonderen Bestimmungen
zugrunde, welche der Entwurf in dem Abschnitt „von den Volksschulen der Städte,
welche der Städteordnung unterstehen“, (§§ 98—109) in Vorschlag bringt.
Übrigens sind nicht alle in dem Abschnitt enthaltenen Bestimmungen hinsichtlich
ihrer Anwendbarkeit auf die genannten Städte beschränkt: auch andere Gemeinden
können ihren Volksschulen auf dem Wege des Gemeindestgtuts eine den örtlichen Be-
dürfnissen entsprechende reichere Gestaltung geben, für dieselben eine obere technische
Leitung bestellen, zur Gewinnung besonders tüchtiger Lehrkräfte deren Gehalte durch
Zulagen zu dem gesetzlich geordneten Betrage erhöhen. Die eigentlichen Besonder-
heiten für jene Städte liegen nur in folgenden Punkten:
a. Die Städte der Städteordnung haben die Aktiv-Gehalte der Lehrer an
ihren Volksschulen, wie hoch auch deren Betrag laufen möge, lediglich selbst
aufzubringen; eine Beteiligung der Staatskasse an deren Deckung findet
nicht statt. Damit steht im Zusammenhang, daß diese Städte an der Ein-
richtung einer für Gemeinden und Staat gemeinschaftlichen Zentralgehalts-
kasse nicht teilnehmen, vielmehr die Gehalte rc. ihrer Lehrer in vollem Be-
trage unmittelbar an dieselben auszuzahlen haben; ferner daß den genannten
Städten freisteht, eine eigene Lehrer-Gehaltsordnung aufzustellen, welche
jedoch in keiner Weise unter die im Gesetze für die Lehrer der anderen Ge-
meinden bestimmten Sätze herabgehen darf.