Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuß Älterer Linie. 1870. (19)

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5. 2. 
Wird nach dem älteren Rechte als dem milderen erkannt, so ist nach den in F. 1 
Nr. 2 aufgestellten Grundsähen auf die Strafarten des neuen Rechts zu erkennen. 
Die in 85. 1 und 2 aufgestellten Grundsätze hat auch der in der höheren In- 
snt zun ne Richter in dem Falle anzuwenden, wenn gegen ein vor dem 1. Januar 
Vefälltes Erkenntniß ein überhaupt zulässiges Rechtsmittel eingewendet worden ist, 
| wiulchen nach dem 1. Jannar 1871 enischieden wird. 
Handelt es sich nach dem 1. Januar 1871 um die Vollstreckung einer vor jenem 
Tage rechtskräftig erkannten Strafe wegen einer Handlung, die nach dem neuen Rechte 
überhaupt nicht mehr mit Strafe bedroht ist, so bat das zur Aburtheilung der fraglichen 
Handlung in erster Instanz kompetente Gericht, in Schwurgerichtsfällen aber das Kreis- 
hericht, bei dem die Untersuchung geführt worden ist, von Amtswegen und nach Gehör 
der Staatsanwaltschaft und des Verurtheilten in nicht öffentlicher Sipung zu erkennen, 
daß die Strafe nicht vollstreckt werden soll. Gegen eine solche Eutscheidung, sowic auch 
gegen die Entscheidung, daß die strafbare Handlung, auch nach dem neuen Rechte 
strafbar und daher die früher erkannte Strafe nicht in Wegfall zu bringen sei, können die 
Staatsanwaltschaft und der Verurtheilte binnen 10 Tagen nach der Publikation Berufung 
auf den Ausspruch der nächsten richterlichen Oberbehörde einwenden, welche dann ebenfalls 
in nicht öffenklicher, iom die Frage endgültig enlscheidet. 
Auch bei Wegfall der Bestrafung bewendet es aber bei der Verurtheilung zur 
Abstattung der Untersuchungskosten. 
. 1. 
Wenn in beslehenden landesgeseblichen Vorschristen über Materien, welche nicht 
Gegenstand des neuen Strafgesebbuchs sind, anderc, als die in F. 5 des Einführungs- 
gesepes zum Stafgesetuche nachgelassenen Strafarten angedroht sind, kommt diese Straf- 
drohung in Wegsall. Ist aber in solchen Vorschrifen eine Zuchthaus- oder Arbeitshaus- 
oder eine höhere als zweijährige Gefängnißstrafe gedroht, so geht diese Strafdrohung 
künftig auf Gefänguißstrafe in einer der bisher gedrohten Strafe gleichen Dauer, aber 
höchstens bis zu 2 Jahren. 
. 5. 
Bei denjenigen Geldslrafen, welche durch das neben dem Bundesstrafgesebbuche 
in Geltung bleibende Landesrecht angedroht sind, wird der Mindestbetrag bei Vergehen 
auf Einen Thaler, bei Uebertretungen auf ein Drillheil Thaler erhoͤht. 
F. 6. 
Ist vor dem 1. Januar 1871 auf Verlust der staatsbürgerlichen Rechte oder auf 
Stellung unter Polizeianssicht erkannt worden, 6% werden dieh dcenshen nat tn 
1. Januar 1871 in der Weise verbũßt, wie dies in 88. 33 u sowie §. 3 
Strafgesetzbuchs in Bezug auf die Aberkennung "½n Meheiichen un in 
der Polizeiaussicht angeordnet worden ist 
S. 7. 
Diejenigen, 'oelche nach dem älteren Rechte zu Zuchthausstrafe verurtheilt worden
	        
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