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8 11.
Nach der Reinigung wird die Leiche wieder mit Leinentüchern zugedeckt und
in einem verschlossenen Raum aufbewahrt. Der Leichenwärter hat sie täglich zwei-
mal zu besuchen und sich hierbei jedesmal noch genauer von dem Tod und der
beginnenden oder fortschreitenden Verwesung zu überzeugen.
* 12.
Ist in dem Sterbehaus kein geeigneter Raum zur Aufbewahrung der Leiche
vorhanden, so soll in Orten, für die eine Leichenhalle vorhanden ist, der Leichen-
wärter, auch wenn der Tod nicht durch eine ansteckende Krankheit erfolgt ist
(6§ 14, 15), darauf hinwirken, daß die Leiche in die Leichenhalle überführt wird.
8 13.
Nach jeder Bedienung einer Leiche muß der Leichenwärter, um selbst gesund
zu bleiben und auch nicht Krankheiten von einer Leiche auf andere Personen zu
übertragen, seine Hände sowie andere elwa beschmutzte Teile seines Körpers auf
das sorgfältigste unter Benützung einer Handbürste zunächst mit warmem Wasser
und Seife und darauf mit einer 3prozentigen Karbolsäurelösung (30 g verflüssigte
Karbolsäure — Acickum carbolicum liquefactum — mit 1 Liter warmen Wassers
gemischt) oder mit verdünntem Kresolwasser (50 g Kresolseifenlösung — Liquor
Crescoli saponatus — mit 1 Liter Wasser gemischt) waschen. Er hat daher auch
stets, wenn er zu einer Leiche geht, eine Handbürste und eine Flasche mit ver-
flüssigter Karbolsäure oder Kresolseifenlösung bei sich zu führen. Die Handbürste
muß von Zeit zu Zeit ¼ Stunde lang in Wasser ausgekocht werden. Auch soll
der Leichenwärter bei der Beschäftigung mit der Leiche eine große, waschbare, am
besten aus Wachstuch oder Gummistoff gefertigte Schürze anlegen.
814.
Der Leichenwärter darf keine Leiche beerdigen lassen, bevor zweimal 24 Stunden
nach Eintritt des Todes verflossen sind und zugleich die Zeichen allgemeiner Fäulnis
der Leiche sich eingestellt haben.
Von dieser Bestimmung können folgende Ausnahmen vorkommen:
1. Wenn ein Arzt die eice besichtigt und die Erlaubnis zur früheren
Beerdigung erteilt
2. wenn es sich um c von Personen handelt, die an einer ansteckenden
Krankheit gestorben sind. In diesem Falle sind die Bestimmungen des
8 2 der Regierungs-Verordnung vom 21. Mai 1886 (Ges.-S. S. 95) zu
befolgen. Hiernach sind Personen, die an Cholera, Pocken, Flecktyphus,
Unterleibstyphus, Diphtherie, Scharlach, Masern oder epidemischer Ruhr